Coronavirus: Wachsende Erkenntnisse zu Mutationen und Übertragungsmechanismen – Heilpraxis

Corona: Übertragungs- und Mutationseigenschaften

Es ist lange bekannt, dass Viren mutieren können. Auch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 hat sich seit den ersten Infektionen verändert. Manche Menschen befürchten, dass das Virus durch Mutationen gefährlicher werden oder Impfstoffe nicht mehr wirken könnten. Ein Forschungsteam aus Österreich berichtet nun über neue Erkenntnisse zu Übertragungs- und Mutationseigenschaften von SARS-CoV-2.

Das Coronavirus SARS-CoV-2 gehört zu den RNS-Viren, die als besonders mutationsfreudig gelten. In der Tat hat sich der neuartige Erreger seit den ersten Infektionen verändert. Vor kurzem berichteten Forschende aus den USA, dass der Erreger durch Mutationen noch ansteckender werden könnte. Ein Forschungsteam aus Österreich hat nun neue Erkenntnisse zu den Mutationseigenschaften des Virus.

Detaillierte Analysen zum Mutationsverhalten

Die COVID-19-Pandemie verzeichnet weltweit bereits fast 60 Millionen Infizierte (Stand: 24.11.2020). Wie das CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in einer aktuellen Mitteilung erklärt, ist für die Suche nach Impfstoffen und Therapien das genaue Verständnis des Virus, seiner Mutationen und der Übertragungsmechanismen entscheidend.

Einen wichtigen Beitrag leistet dazu eine aktuell in dem renommierten „Journal Science Translational Medicine“ veröffentlichte Studie der Forschungsgruppe von Andreas Bergthaler am CeMM.

Den Angaben zufolge ermöglichte die hohe Qualität der epidemiologischen Daten in Österreich zusammen mit modernster Genomsequenzierung erstmals detaillierte Analysen zum Mutationsverhalten und der Transmission des Coronavirus SARS-COV-2.

Wesentliche Hinweise zur Übertragung

Bereits Ende März wurde das Projekt „Mutationsdynamik von SARS-CoV-2 in Österreich“ vom CeMM in enger Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität (MedUni) Wien ins Leben gerufen.

Gemeinsam mit der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und in Kooperation mit zahlreichen Universitäten sowie Krankenhäusern in ganz Österreich arbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daran, durch Genomsequenzierung von SARS-CoV-2-Viren ein genaueres Bild der auftretenden Virusmutationen und Virusübertragungen zu zeichnen.

Laut der Mitteilung wurden unter der Leitung der CeMM Principal Investigators Andreas Bergthaler und Christoph Bock 750 Proben von wichtigen SARS-CoV-2-Infektionscluster in Österreich wie dem Tourismusort Ischgl und Wien phylogenetisch und epidemiologisch rekonstruiert und ihre Rolle bei der transkontinentalen Virusverbreitung analysiert.

Die Ergebnisse der Forschenden liefern auch wesentliche Hinweise zur Übertragung und der Entstehung von Mutationen im SARS-CoV-2 Virus.

Genaues Verständnis des Pandemiegeschehens

Auf Basis der epidemiologische Daten konnte das Forschungsteam mithilfe von Mutationsanalysen einen SARS-CoV-2 Cluster bestehend aus 76 Fällen genau nachkonstruieren und einen Zusammenhang zwischen zwei epidemiologischen Clustern aufdecken, die bis dahin getrennt voneinander eingestuft worden waren.

„Dieses konkrete Beispiel veranschaulicht, wie wichtig das Zusammenspiel von Contact Tracing und Mutationsanalyse eine starke Säule der modernen Pandemie-Bekämpfung sein können“, sagt Projektleiter Andreas Bergthaler.

Franz Allerberger, Leiter des Geschäftsfelds Öffentliche Gesundheit der AGES und Mitautor der Studie, pflichtet dieser Einschätzung bei: „Die modernen Techniken der Virusgenomsequenzierung stellen eine wesentliche Unterstützung für das Contact Tracing dar und liefern ein detailiertes Verständnis des Pandemiegeschehens.“

Entstehung von neuen Mutationen beobachtet

In der Studie konnte auch eine Transmissionskette von acht aufeinander folgenden Übertragungen analysiert werden. „Die Transmissionskette startete mit einem Rückkehrer aus Italien. Binnen 24 Tagen verbreitete sich das SARS-CoV-2 Virus im Großraum Wien über öffentliche und soziale Veranstaltungen in geschlossenen Räumen“, erklären die CeMM-Studienautorin Alexandra Popa und CeMM-Studienautor Jakob-Wendelin Genger.

Die genaue Aufschlüsselung der Transmissionskette ermöglichte den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die Entstehung einer neuen Mutation von SARS-CoV-2 genau zu beobachten. „Dieser im Detail rekonstruierte Infektionscluster erlaubte uns mitzuverfolgen, wie das SARS-CoV-2 Virus im Mensch mutierte und dann weitergegeben wurde“, so Andreas Bergthaler.

Darüber hinaus beobachteten die Forschenden das Mutationsverhalten des Virus während des Krankheitsverlaufs in 31 VOVID-19-Erkrankten. Das kann zukünftig helfen abzuschätzen, ob Behandlungen die Mutationseigenschaften des Virus beeinflussen.

Übertragung von 1.000 Viruspartikel bei Infektion

Zudem zeigen die Ergebnisse der aktuellen Analysen, dass infizierte Personen durchschnittlich 1.000 infektiöse Viruspartikel aufgenommen hatten. Im Verhältnis zu HIV oder auch zu Noroviren deutet dies auf eine eher größere Virusmenge hin, die es für eine Ansteckung braucht. Dennoch können aber auch deutlich geringere Virusdosen eine Infektion auslösen.

„Vereinzelt fanden wir auch Infizierte, die offenbar mit deutlich weniger Viruspartikeln in Kontakt kamen und trotzdem infiziert wurden. Hier könnten andere Parameter wie die Anwendung von Schutzmaßnahmen, der Übertragungsweg oder auch das Immunsystem eine entscheidende Rolle spielen“, erklärt Andreas Bergthaler.

Diese Ergebnisse werfen neue wichtige Fragen auf. Dazu zählt unter anderem die Überlegung, dass die Verringerung der ausgestoßenen Virusladung von Infizierten durch kombinierte Maßnahmen wie Mund-Nasen-Schutz, physischer Distanz und ausreichendem Luftaustausch in Innenräumen eine entscheidende Rolle in der Prävention der Virusverbreitung tragen und möglicherweise auch den Krankheitsverlauf beeinflussen kann.

Diese Studie liefert wichtige Erkenntnisse über das frühe Pandemiegeschehen, wie das SARS-CoV-2 Virus mutiert und von Mensch zu Mensch übertragen wird. (ad)

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