Rekordwert bei Neuinfektionen und R-Wert unter 1 – wie passt das zusammen?

Restaurants und Bars sind geschlossen, private Kontakte sollen auf ein Minium reduziert werden: Seit Montag gelten in Deutschland wieder strengere Regeln zur Eindämmung des Coronavirus. In den Wochen zuvor hatte das Infektionsgeschehen stark an Dynamik gewonnen. Auch die Anzahl schwerkranker Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen stieg sprunghaft an und hat sich in den vergangenen zwei Wochen auf mehr als 2500 fast verdreifacht. Da die Zahl Schwerkranker dem eigentlichen Infektionsgeschehen hinterherhinkt, stellen sich die Krankenhäuser in Kürze auf einen neuen Rekordwert an Covid-19-Patienten ein, die intensivmedizinisch behandelt werden müssen.

Einen neuen Negativ-Rekord gibt es nun auch bei der Zahl der Neuinfektionen: Knapp 20.000 neue Fälle meldete das Robert Koch-Institut (RKI) heute im Vergleich zum Vortag – die genaue Zahl liegt bei 19.990. Damit übersteigt die Zahl der Neuinfektionen den bisherigen Höchstwert von 19.059 Fällen, der am vergangenen Samstag gemeldet wurde. Die Zahl der Todesfälle stieg um 118 auf 10.930.

R-Wert sinkt leicht

Beim R-Wert deutet sich dagegen eine leichte Abflachung des Anstiegs an. Laut RKI-Lagebericht vom Mittwoch liegt der Wert derzeit bei 0,81. Am Vortag meldete das RKI einen Wert von 0,94. Aussagekräftiger ist der 7-Tage-R-Wert. Er unterliegt weniger stark tagesaktuellen Schwankungen und wird derzeit mit 0,92 (Vortag 0,98) angegeben – eine infizierte Person steckt damit im Schnitt etwa eine weitere an.

"Die berichteten R-Werte lagen im Oktober stabil deutlich über 1", heißt es im RKI-Bericht. In den letzten Tagen habe der Wert dagegen "leicht abgenommen". Deutet sich damit die erhoffte Trendumkehr beim Infektionsgeschehen an?

Noch ist es zu früh, um das zu beurteilen. Der Grund: Einzelne R-Werte sind für sich genommen wenig aussagekräftig – erst über einen längeren Zeitraum betrachtet, geben sie einen Trend wieder. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab. Sehr wahrscheinlich haben die aktuellen Kontaktbeschränkungen deshalb noch keinen Einfluss auf den Wert. Denkbar wäre aber, dass sich viele Menschen angesichts stark gestiegener Infektionszahlen bereits in der Woche vor den neueren Maßnahmen vorsichtiger verhalten haben und beispielsweise weniger Menschen getroffen haben. Darauf deuten auch Daten des Corona-Monitors des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) hin. 69 Prozent der Befragten gaben bereits vor den neueren Maßnahmen an, weniger das Zuhause zu verlassen – eine Erhöhung um zehn Prozentpunkte. 

Die kommenden Tagen werden zeigen, ob der Trend beim R-Wert anhält. In den Neuinfektionszahlen dürfte sich das aber vorerst noch nicht bemerkbar machen. Da die Zahl der infizierten Personen derzeit sehr hoch sei, gebe es weiterhin eine hohe Zahl von täglichen Neuerkrankungen, schreibt das RKI (Stand 3.11.). Eine Wirkung des Teil-Lockdowns könnte sich demnach in zwei bis drei Wochen bemerkbar machen.

Kontaktverfolgung durch Gesundheitsämter

Das Ziel müsse sein, die Infektionszahlen so weit zu drücken, dass die Gesundheitsämter wieder mit der Kontaktnachverfolgung hinterherkämen, hatte die Physikerin Viola Priesemann vergangene Woche im Gespräch mit dem sternerklärt. "Um die Fallzahlen zügig zu reduzieren, muss der R-Wert deutlich unter 1 liegen."

Auch RKI-Vizepräsident Lars Schaade hatte diese Woche betont, dass es nicht reiche, den Wert auf 1 zu senken. Um wieder in eine kontrollierte Lage zu kommen, müsse die Reproduktionszahl weiter gesenkt werden und längere Zeit deutlich unter 1 liegen – bei 0,7 oder niedriger. 

Quelle: Robert Koch-Institut / Bundesregierung

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