„Ganz andere Dynamik“: Drosten erklärt, wie wir die zweite Corona-Welle überstehen

Mit seinem Podcast im NDR ist Virologe Christian Drosten seit Wochen in der Sommerpause. Nun meldet er sich in einem Gastbeitrag für die „Zeit“ wieder zu Wort – und erklärt, mit welcher Strategie sich ein neuer Lockdown seiner Meinung nach verhindern lasse.

Ist sie schon da oder kommt sie noch, die drohende zweite Welle der Corona-Infektionen? In Deutschland wurden auf dem Höhepunkt der Pandemie im März mehrere Tausend Ansteckungen pro Tag gemeldet. Im Juni waren es nur noch einige Hundert. Seitdem steigen die Zahlen aber wieder.

Die erste Welle habe Deutschland "besser als viele andere kontrollieren" können, schreibt der Charité-Virologe Christian Drosten in seinem am Mittwoch veröffentlichten Gastbeitrag für die "Zeit". Zugleich warnt er jedoch: "Jetzt aber laufen wir Gefahr, unseren Erfolg zu verspielen." Der Grund: Zwar lerne man derzeit viel Neues über das Virus, es werde aber nur zögerlich umgesetzt.

Welche Konsequenzen ziehen wir?

Drosten formuliert in seinem Beitrag mehrere Fragen, etwa: "Welche Konsequenzen ziehen wir aus der Erkenntnis, dass sich das Virus vor allem über die Luft überträgt – also nicht nur über die klassische Tröpfcheninfektion, sondern auch über Aerosole?" Und: "Was bedeutet das im Herbst und Winter für öffentliche Gebäude?" Auch gelte es die Frage zu beantworten, welche technischen Lösungen es für einen hinreichenden Luftaustausch gebe.

Aus Sicht des Virologen könne eine zweite Welle eine "ganz andere Dynamik" als die erste haben. Während das Virus mit der ersten Welle in die Bevölkerung eingedrungen sei, etwa durch Skifahrer und andere Reisende, werde es sich mit der zweiten Welle aus der Bevölkerung heraus verbreiten. Die Gefahr: Waren Infektionsketten in letzter Zeit gut nachvollziehbar, könnten Infektionen künftig flächendeckender und zeitgleich auftreten.

Drosten drängt auf die gezielte Eindämmung von Clustern – und ein Kontakt-Tagebuch

Schutzlos ausgeliefert sei Deutschland einer möglichen zweiten Welle dennoch nicht, so der Virologe. Er lenkt den Blick auf Japan. Hier sei es gelungen, die erste Welle ohne Lockdown zu beherrschen. Japans Strategie, die eine Vorbildfunktion habe: die gezielte Eindämmung von Clustern.

Drostens Vorschlag: Jeder Bürger solle im Winter ein Kontakt-Tagebuch führen. "Durch die Fokussierung auf die Infektionsquelle wird der neu diagnostizierte Patient nämlich zum Anzeiger eines unerkannten Quellclusters, das in der Zwischenzeit gewachsen ist. Die Mitglieder eines Quellclusters müssen sofort in Heimisolierung", schreibt der Virologe in seinem "Zeit"-Beitrag. Für Tests fehle dann die Zeit, befürchtet Drosten. Als Beispiele für sogenannte Quellcluster nennt er Großraumbüros, Fußballmannschaften, Volkshochschulkurse und Schulklassen.

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Drosten erklärt "pragmatischen Weg zum Stopp des Clusterwachstums"

Konkret geht Drosten in diesem Zusammenhang auf die Rolle der Amtsärzte und Gesundheitsämter ein. Sie hielten sich sehr genau an die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts. Im Krisenmodus sei jedoch "eine Festlegung von Clustersituationen, die sofort und pauschal quarantänepflichtig sind" nötig. Eine vollständige Fallverfolgung sei im Krisenmodus nicht mehr möglich, daher der Blick auf die Cluster.

"Nehmen die Neuinfektionen plötzlich stark zu, brauchen wir einen pragmatischen Weg zum Stopp des Clusterwachstums: ohne Lockdown, dafür mit Restrisiko." Hierfür sei das Mitdenken der gesamten Bevölkerung, der Arbeitgeber und der Politik dringend notwendig.

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