Folgen der Corona-Pandemie: Massiver Anstieg chronischer Erkrankungen erwartet – Heilpraxis

Risiko für chronische Krankheiten durch Pandemie erhöht

Die größte amerikanische Herzgesundheitsorganisation erwartet einen massiven Anstieg von chronischen Krankheiten als Folge der SARS-CoV-2-Pandemie, insbesondere von kardiometabolischen Erkrankungen. Die Expertinnen und Experten rechnen mit einer regelrechten Welle von Todesfällen und Behinderungen aufgrund der anhaltenden Störungen im Gesundheitssystem.

Forschende der American Heart Association veröffentlichten zwei Artikel über die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf das amerikanische Gesundheitssystem. Die Folgen werden noch über kommende Generationen hinweg spürbar sein, prognostizieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in zwei Fachartikeln, die kürzlich im Journal „Circulation“ vorgestellt wurden.

Auswirkungen der Pandemie noch in Generationen spürbar

Während COVID-19 das tägliche Leben eines jeden Menschen stark beeinträchtigt hat, werden seine gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen nach Ansicht der American Heart Association noch über Generationen hinweg präsent sein. Die Pandemie habe in vielen Bereichen Störungen im Gesundheitssystem hervorgerufen. Ein dramatischer Wandel sei notwendig, um sich auf die durch die Pandemie verursachten Veränderungen in der kardiovaskulären Versorgung einzustellen.

Im ersten Artikel mit dem Titel „Avoiding the Coming Tsunami of Common, Chronic Disease: What the Lessons of the COVID-19 Pandemic Can Teach Us“ fordert Dr. Robert M. Califf dringende Veränderungen im US-Gesundheitssystem, um eine universelle Gesundheitsversorgung zu gewährleisten und um bessere Forschungsstrategien zu etablieren. Drei von zehn Todesfällen seien in den USA auf kardiometabolische Erkrankungen zurückzuführen.

COVID-19-Verfolgung als Vorbild für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Califf plädiert unter anderem für einen flächendeckenden Zugang zum Breitband-Internet, der den Zugriff zu medizinischen Informationen, digitalen Unterstützungsprogrammen und der Telemedizin verbessern könnte. Er empfiehlt eine detailliertere Verfolgung chronischer Gesundheitsbeschwerden in Echtzeit, ähnlich wie bei den Dashboards, die sich zur Verfolgung von COVID-19-Fällen durchgesetzt haben, inklusive Übersichten zu Krankenhausaufenthalten und Todesfällen.

Pionierin der Gendermedizin

Der zweite Artikel mit dem Titel „Incremental Change versus Disruptive Transformation: COVID-19 and the Cardiovascular Community“ stammt von Nanette K. Wenger, Professorin für Medizin in der Abteilung für Kardiologie an der Emory University School of Medicine. Sie ist Beraterin des Emory Heart and Vascular Center und Leiterin der Herzklinik und des ambulanten Labors am Grady Memorial Hospital in Atlanta.

Wenger gehört zu den ersten Forschenden, die sich auf die koronare Herzkrankheit bei Frauen fokussierten und unterschiedliche kardiovaskuläre Risikofaktoren, Symptome und Bedingungen für Frauen im Vergleich zu Männern untersuchten. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet und viele ihrer Erkenntnisse wurden in Leitlinien aufgenommen.

COVID-19-Pandemie verschärft Ungleichheiten

Wengers Artikel dokumentiert, wie die COVID-19-Pandemie die gesellschaftlichen und gesundheitlichen Ungleichheiten in den USA verschärft hat. Millionen Menschen verloren ihren Arbeitsplatz, zahlreiche Industrien und kleine Unternehmen wurden finanziell extrem belastet. Zudem verschoben sich die Aspekte der wissenschaftlichen Medizinforschung drastisch. Sie lobt aber auch positive Veränderungen, wie die rasche Einführung der Telemedizin, die das Potenzial für eine allgemein verbesserte Gesundheitsversorgung habe und einen besseren Zugang zu gesundheitlichen Angeboten ermögliche.

Viele Verbesserungen der letzten Jahre zunichte gemacht

Durch die Veränderung im Gesundheitssystem und das Zögern von Patientinnen und Patienten aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 sich nicht in ärztliche Behandlung zu begeben, wurden Wenger zufolge viele Verbesserungen der letzten fünf Jahrzehnte in der akuten Versorgung von Schlaganfall-Betroffenen und Personen mit koronarer Herzkrankheit zunichte gemacht.

Auswirkungen auf Fachkräfte

Zudem habe die Pandemie auch dramatische Auswirkungen auf die Ausbildung und den Karriereverlauf von Gesundheitsfachleuten. Viele Medizinstudentinnen und -studenten landeten schnell in der Versorgung von Notfallpatienten, Fachleute fielen wegen Kinderbetreuungspflichten, Quarantänen und Überarbeitung aus. Das Pflegepersonal sei den Anforderungen nicht mehr gewachsen.

Positive Auswirkungen auf die medizinische Forschung

Im Bereich des wissenschaftlichen Publizierens nennt Wenger auch einige positive Entwicklungen, aus denen man lernen kann. So wurde der sogenannte „Peer-Review-Prozess“ zur Überprüfung von wissenschaftlichen Forschungen stark verbessert und beschleunigt. Gesundheitsregister wurden schnell implementiert und Daten von COVID-Betroffenen wurden weltweit ausgetauscht. Solche Erfolge sollten auch nach der Pandemie als Vorbild für medizinische Forschung dienen, unterstreicht Wenger.

Die Pandemie für Gerechtigkeit und Innovationen nutzen

„Die Konvergenz all dieser Themen und ihre Auswirkungen auf kardiovaskuläre Erkrankungen und die Versorgung bieten einzigartige Möglichkeiten für Veränderungen in der kardiovaskulären Medizin, der klinischen Versorgung und der Forschung“, schlussfolgert Wenger. Diese beispiellose Zeit müsse genutzt werden, um Innovationen zu maximieren und um eine höhere Gerechtigkeit für alle zu erreichen. (vb)

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