Corona-Exit-Strategie: Forscher legen Szenario für Weg aus der Krise vor

Wie sieht er aus, der Weg aus dem Lockdown? Dieser Frage gehen derzeit unzählige Forscher und Politiker nach. Wissenschaftler der vier größten deutschen Forschungsorganisationen werden jetzt konkret – und haben eine siebenseitige Exit-Strategie vorgelegt.

Wissenschaftler aus Deutschlands größten Forschungsorganisationen haben sich zusammengetan, um ein gemeinsames Konzept zur Eindämmung der Covid-19-Epidemie in Deutschland vorzulegen. Dafür haben die Experten aus den Leibniz-, Helmholtz-, Max-Planck- und Fraunhoferzentren mathematische Analysen zur Ausbreitung von Covid-19-Erkrankungen vorgenommen und Vorhersagen zur weiteren Ausbreitung berücksichtigt. Aus ihren Modellen haben sie mögliche Bewältigungsstrategien abgeleitet.

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Geltende Einschränkungen müssen erhalten bleiben

Aus ihrer Sicht ist es nötig, die geltenden Einschränkungen wenigstens für einige Wochen weiterhin aufrecht zu erhalten. Ziel müsse sein, die Reproduktionszahl (R) dauerhaft unter 1 zu halten und somit auch die Zahl der Neuansteckungen (N) möglichst gering zu halten. Dass die Neuinfektionen derzeit so weit zurückgegangen sind, sei laut den Forschern auf den Erfolg der aktuell gültigen Maßnahmen und der Verhaltensanpassung der Bevölkerung zurückzuführen.

Die Reproduktionszahl (genauer Basisreproduktionszahl) beziffert, wie viele Menschen ein Infizierter durchschnittlich ansteckt. Sie ist ein wichtiger Indikator dafür, wie schnell sich eine Epidemie ausbreitet. Maßnahmen wie Ausgangsbeschränkungen und Hygienevorschriften sollen die Reproduktionszahl senken.

Da uns laut den Forschern kleinste Schwankungen von R zurück in eine Phase des exponentiellen Wachstums führen könnten, welcher das Gesundheitssystem schnell überlasten würde, gelte es, die Reproduktionszahl bis zur Verfügbarkeit eines Impfstoffs mit allen Möglichkeiten unter 1 zu halten.

Forscher schlagen Zwei-Phasen-Strategie vor

Um dies gewährleisten und die Bevölkerung dennoch nach und nach aus dem Lockdown holen zu können, schlagen die Wissenschaftler eine zweiphasige Strategie vor:

  • Phase 1: Zunächst sollen die Neuinfektionen so weit reduziert werden, bis jede Neuinfektion zurückverfolgbar ist. Dafür werden die Kontakteinschränkungen – soweit tragbar – beibehalten und gleichzeitig Testing- und Tracing-Kapazitäten ausgebaut.
  • Phase 2: Wenn die Neuinfektionen soweit zurückgegangen sind, dass eine effektive Kontaktnachverfolgung möglich ist, können Kontakteinschränkungen nach und nach gelockert werden.

 

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Die Modelle beinhalten drei Säulen von strukturellen Maßnahmen, die die Eindämmung gewährleisten sollen:

1. Hygienische Maßnahmen, wie z.B. Mundschutz in Geschäften und öffentlichen Plätzen oder Desinfektionsstationen, um Infektionen durch unerkannte Träger zu reduzieren.

2. Testing- und Tracing-Kapazitäten, um lokale Infektionsherde früh zu erkennen, Fälle zu isolieren, enge Kontakte von Infizierten nachzuverfolgen, vorsorglich in Quarantäne zu setzen und so Ansteckungsketten zu unterbrechen.

3. Adaptive Steuerung von flankierenden kontakteinschränkenden Maßnahmen, um einen erneuten Anstieg der Neuinfektionen zu verhindern.

Forscher halten Eindämmung für einzig sinnvolle Strategie

In dem siebenseitigen Papier erklären die Forscher auch, warum sie die vorgeschlagene Strategie für die einzig sinnvolle halten: „Eine konsequente Eindämmung von Sars-CoV-2 ist aus epidemiologischer Sicht derzeit die einzig sinnvolle Strategie“, schreiben sie etwa. Denn weder die komplette Ausrottung des Virus noch eine schnelle oder langsame Durchseuchung der Bevölkerung seien gangbare Wege.

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Die Ausrottung erforderte internationale Zusammenarbeit und große Anstrengung. Eine schnelle Durchseuchung würde das Gesundheitssystem überlasten, erklären die Forscher. Generell sei der Erfolg einer Durchseuchung zu hinterfragen – schließlich ist bis heute nicht abschließend geklärt, ob ehemalige Covid-19-Patienten im Anschluss tatsächlich immun gegen das Virus sind, und wenn ja, wie lange sie es sind.

Kontaktnachverfolgungen sollen Kontakteinschränkungen ersetzen

Die Wissenschaftler betonen aber auch, dass es möglich sei, dass die Anzahl der Neuninfektionen N binnen Wochen so weit zurückgedrängt würde, dass umfangreiche Kontakteinschränkungen durch effiziente Kontaktnachverfolgungen ersetzt werden könnten. Dazu sei eine konsequente Durchsetzung der Maßnahmen nötig. Für die langfristige Bewältigung der Sars-CoV-2-Pandemie seien zudem neue medizinische Erkenntnisse und pharmazeutische Entwicklungen von entscheidender Bedeutung.

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