Ein Schokoriegel = 24 Minuten joggen

Ein Schokoriegel, 250 Kalorien. Kann so schlimm nicht sein, denkt die Gier, und schon ist die Folie aufgerissen. Was aber wäre, wenn die Verpackung deutlich konkretere Hinweise enthielte? Wenn darauf stehen würde, wie mühsam es wäre, die Kalorien wieder abzutrainieren? Viele Menschen würden gründlicher darüber nachdenken, ob der Riegel seine Kalorien wert ist. Dafür spricht zumindest eine neue Studie.

Das Konzept des sogenannten PACE Food Labelling ist erst wenige Jahre alt, die erste Untersuchung dazu erschien 2012. Demnach würde neben der Kalorienangabe etwa ein kleines Männchen auf der Verpackung prangen, das entweder geht oder rennt. Daneben steht die Zeit, die ein Durchschnittsmensch braucht, um die aufgenommenen Kalorien zu verbrennen. Einige Beispiele:

  • Für die 253 Kilokalorien eines Snickers-Riegels müsste das Männchen 46 Minuten gehen oder 24 Minuten joggen.
  • Um die 139 aufgenommenen Kalorien aus einer Dose Cola wieder zu verbrennen, müsste es 25 Minuten gehen oder 13 Minuten joggen.
  • Und für die 886 Kalorien der Tiefkühl-Salamipizza wären sogar 161 Minuten gehen und 84 Minuten joggen fällig.

Das komplette Abtrainieren ist natürlich weder notwendig noch praktikabel – der Körper braucht Energie, um alle Prozesse vom Gehirn bis zur Verdauung am Laufen zu halten. Ziel des Konzepts ist vielmehr, ein Gefühl dafür zu vermitteln, was eine Kalorienangabe bedeutet. Allein in Deutschland sind laut Robert Koch-Institut zwei Drittel der Männer und mehr als die Hälfte der Frauen übergewichtig. Der Grund dafür lässt sich einfach zusammenfassen: Viele nehmen mehr Kalorien zu sich, als ihr Körper verbrennt.

Untersuchungen: Täglich knapp 200 Kalorien einsparen

Auch wenn die abschreckende Wirkung der Minutenangaben auf Cola und Co. einleuchtend klingt, wissenschaftlich war sie bislang kaum belegt. Um das zu ändern, durchforstete eine Forschergruppe um Amanda Daley von der Loughborough University in Großbritannien Datenbanken und Social Media-Kanäle nach allen Studien, die sie zu dem Thema finden konnte.

Am Ende hatten die Wissenschaftler eine Liste von 15 Untersuchungen mit insgesamt 4600 Teilnehmern, die sie auswerteten. Die meisten Ergebnisse waren positiv: Im Schnitt konsumierten Teilnehmer 65 Kalorien weniger pro Mahlzeit, wenn die Kalorien auch als Sportminuten ausgegeben waren und nicht eine andere oder gar keine Kennzeichnung verwendet wurde. Bei drei Mahlzeiten könne sich so ein Unterschied von knapp 200 Kalorien ergeben, schreiben die Forscher im „Journal of Epidemiology & Community Health“.

Allerdings wurden viele Studien unter Laborbedingungen durchgeführt, Untersuchungen im echten Leben – etwa in Supermärkten oder Restaurants – müssen noch folgen, schreiben die Forscher.

Warum schinden, wenn es kaum was bringt?

Abgesehen davon erhoffen sich die Wissenschaftler einen weiteren Vorteil von der Kennzeichnung. Sie könne Menschen kontinuierlich daran erinnern, wie wichtig Bewegung ist. Ob das funktioniert, ist allerdings noch nicht untersucht. Genauso gut ist denkbar, dass die Sportsymbole abschrecken könnten. Warum schinden, wenn man am Ende nur so wenige Kalorien verbrennt?

Diese Frage lässt sich klar beantworten. Schon kleine Kalorieneinsparungen können beim Abnehmen helfen, wenn man sie durchhält. Wer es etwa dauerhaft schafft, jeden Tag rund 100 Kalorien einzusparen, kann über ein Jahr gesehen mehr als zwei Kilogramm abnehmen. Hinzu kommen die positiven Effekte der Bewegung auf Herz, Muskeln, Knochen und viele andere Teile des Körpers.

In der englischen „Huffington Post“ weisen unabhängige Forscher zudem auf die Gefahr hin, dass die Kennzeichnung Menschen mit Essstörungen, die häufig auch exzessiv Sport treiben, negativ beeinflussen könnte. Außerdem gehe die Kennzeichnung zu wenig auf die Nährstoffzusammensetzung ein.

Tatsächlich sagen Kalorien allein nichts darüber aus, wie viele Vitamine oder Ballaststoffe in einem Lebensmittel stecken. In dieser Hinsicht könnte der Nutriscore helfen, den aktuell mehrere Unternehmen in Deutschland einführen. Das System errechnet aus dem Gehalt an Zucker, Fett und Salz sowie Bestandteilen wie Ballaststoffen oder Proteinen einen Wert von eins bis fünf, der auf einer Skala von grün bis rot dargestellt wird. Im Vergleich zu der jetzt diskutierten Bewegungsminuten-Kennzeichnung hat er aber einen deutlichen Nachteil: Er ist viel abstrakter.

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