Viele klagen während der kalten Jahreszeit über schmerzende Gelenke und Körperregionen. Auch Rückenschmerzen treten dann öfter auf als in wärmeren Monaten.
Das kann neben der kühlen Temperatur auch am „Bewegungsmangel“ liegen, wie Privatdozent Dr. med. David-Christopher Kubosch, leitender Orthopäde und Wirbelsäulenchirurg der Gelenk-Klinik Gundelfingen, verrät.
Im Interview hat er die wichtigsten Tipps parat, wie Sie Rückenbeschwerden im Herbst bekämpfen können.
Warum kommt es bei kalten Temperaturen häufiger zu Rückenschmerzen?
Dr. med. David-Christopher Kubosch: Wird das Wetter ungemütlicher, so sinkt bei vielen auch die Lust, sich draußen zu bewegen.
Doch wer stundenlang nur auf der Couch liegt, der erholt sich kaum. Im Gegenteil: Die Eintönigkeit schlägt aufs Gemüt, Rücken- und Bauchmuskeln verkümmern, Nacken und Schultern verspannen.
Neben dem Bewegungsmangel fördert das feucht-kühle Wetter in Verbindung mit der hohen Luftfeuchtigkeit zudem Schmerzen in Rücken und Muskeln. Denn die Kälte sorgt für einen erhöhten Muskel-Grundtonus – im Grunde genommen „zittern“ die Muskeln ununterbrochen und verursachen Schmerzen.
In welchen Bereichen kann es ähnliche Beschwerden geben?
Nässe und Luftfeuchtigkeit im Herbst setzen insbesondere auch Menschen mit Arthrose vielfach ziemlich zu. Häufig kommt es in Hüfte, Knien und anderen Gelenken zu einem starken Schmerzschub.
Ursache ist vermutlich der heruntergefahrene Stoffwechsel an kühlen Herbst- und Wintertagen. Die daraus resultierende schlechtere Durchblutung führt zu vermehrten Reibungsschmerzen in den Gelenken.
Dennoch ist es fatal, den Schongang einzulegen. Denn da der Gelenkknorpel keine Blutgefässe besitzt, kann er nur bei regelmäßiger Bewegung über die Gelenkflüssigkeit mit wichtigen Nährstoffen versorgt und somit am Leben erhalten werden.
Wann sollte man zu einer Ärztin oder einem Arzt?
In 90 Prozent aller Fälle sind Rückenschmerzen harmlos und verschwinden von selbst wieder. Halten die Beschwerden jedoch über mehrere Wochen an, so ist ärztliche Hilfe erforderlich.
Sechs Wochen, so rät die „Versorgungsleitlinie Kreuzschmerzen“, sollte mit dem Röntgen gewartet werden. Doch dies gilt natürlich nur, wenn der Arzt oder die Ärztin von „unspezifischen Rückenschmerzen“ ausgeht – was bei 80 Prozent aller Patienten der Fall ist.
Zudem dürfen keine Alarmsignale auftreten wie beispielsweise ein Taubheitsgefühl oder Lähmungserscheinungen in Armen oder Beinen. In diesen Fällen ist umgehende fachärztliche Hilfe durch einen Orthopäden erforderlich.
Bei weniger einschränkenden Beschwerden ist zunächst die Hauspraxis eine gute medizinische Anlauf- und Koordinationsstelle. Die überweist gegebenenfalls zur Orthopädin oder zum Orthopäden.
Auch bei weniger ausgeprägten Beschwerden ist eine erfolgreiche und möglichst baldige fachärztliche Behandlung sehr empfehlenswert. Denn: Patienten mit Rückenschmerzen besitzen oft eine längere Therapie-Vorgeschichte.
Währenddessen erleben viele Betroffene keine entscheidende Besserung ihrer Beschwerden, anfänglich akute Rückenschmerzen drohen mit der Zeit chronisch zu werden – mit vielfach drastischen Folgen: Neben Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems sind chronische Rückenschmerzen der häufigste Grund für eine teilweise oder vollständige Erwerbsunfähigkeit und eine Frühverrentung.
Was können Betroffene tun, um Rücken- und Gelenkschmerzen selbst zu lindern?
Bei Rückenschmerzen sind Wärme-Anwendungen eine wirkungsvolle Erste-Hilfe-Maßnahme – am besten bereits an den ersten Tagen der Beschwerden.
Ob moderne Heizdecke oder gute alte Wärmflasche – die gängigen Methoden unterscheiden sich kaum in der Wirkungsweise. Besonders wohltuend an tristen Tagen sind Basenbäder oder -wickel, wenn Nacken, Rücken oder Schultern schmerzen: Die Wärme lockert das Gewebe, die Basensalze neutralisieren die Säure im Bindegewebe – einer der Hauptauslöser für chronische Schmerzen.
Stressbewältigungs- und Entspannungsübungen helfen generell dabei, alles etwas lockerer anzugehen und das vegetative Nervensystem zu schonen. Wie man den Alltag rückenfreundlicher bewältigt und Muskeln richtig trainiert, erfährt man am besten in einer Rückenschule. Die Kosten dafür übernimmt oft die Krankenkasse.
Wie lassen sich Rückenschmerzen vorbeugen?
Wichtig ist auch an regnerischen oder stürmischen Tagen ausreichende Bewegung – und das am besten an der frischen Luft.
Joggen ist beispielsweise auch an herbstlichen Tagen sehr gut. Denn kontinuierliches Laufen schützt gerade in der kühleren Jahreszeit vor drohenden Verspannungen der Muskulatur, versorgt die Bandscheiben mit lebensnotwendigen Nährstoffen und stärkt die Rumpfmuskulatur.
Zudem werden das Immunsystem gefördert, Glückshormone freigesetzt und das Erkältungsrisiko reduziert. Dabei ist insbesondere in Herbst und Winter ein intensives Aufwärmtraining mit Koordinationsübungen, Schulterkreisen etc. wichtig. Dies verhindert Zerrungen oder Schäden an den Gelenken.
Wer nicht draußen aktiv werden möchte, der kann dies auch zu Hause oder im Büro tun (und beispielsweise die Treppe öfter dem Fahrstuhl vorziehen).
Um die Wirbelsäule vor Schäden und vorzeitigem (schmerzhaften) Verschleiß zu schützen, helfen auch regelmäßige Rückenübungen zwischendurch, wie etwa der „Katzenbuckel“.
Dafür bitte in den „Vierfüßlerstand“ gehen und die Wirbelsäule nach oben beugen. Der Rücken ist jetzt gerade und der Blick nach unten gerichtet. Nun machen Sie den Rücken so rund wie möglich und lassen den Kopf dabei locker hängen. Die komplette Übung zehn Mal wiederholen und dabei bitte auf einen mäßigen Kraftaufwand sowie gleichmäßige Bewegungen achten.
Noch unkomplizierter, aber dennoch effizient ist auch folgende Übung: Strecken Sie wie beim Apfelpflücken den linken und den rechten Arm abwechselnd möglichst weit nach oben. 20 oder 30 Sekunden genügen, um die Wirbelsäule wohltuend zu strecken und Nacken- und Rückenmuskeln zu entspannen.
Das Original zu diesem Beitrag „Mit einfachen Tipps halten Sie Ihren Rücken langfristig fit“ stammt von Schweizer Illustrierte.
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