Es ist einer der häufigsten Süßstoffe: Aspartam. Nun ist eine Diskussion um den Zuckerersatz entbrannt. Denn einem Exklusiv-Bericht zufolge will die Weltgesundheitsorganisation den Stoff als „möglicherweise krebserregend“ einstufen. Wie gefährlich ist Aspartam?
Zwei vertraute Quellen haben es der Nachrichtenagentur Reuters offenbart: Im Juli werde Aspartam zum ersten Mal von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) als „möglicherweise krebserregend für den Menschen“ eingestuft. Die IARC ist die Krebsforschungsabteilung der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Ihre Fachleute werden nun die Krebs-Gefahr des Süßstoffs anhand bisheriger Analysen bewerten.
- Im Video oben sehen Sie, warum die WHO davon abrät, zur Gewichtskontrolle auf zuckerfreie Süßstoffe zu setzen.
Worin steckt Aspartam?
In Europa ist Aspartam laut Europäischer Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) für die Verwendung als Tafelsüßstoff und als Lebensmittelzusatzstoff in Nahrungsmitteln zugelassen – etwa in
- Getränken,
- Desserts,
- Süßwaren,
- Milchprodukten,
- Kaugummi,
- kalorienreduzierten Produkten und
- Erzeugnissen zur Gewichtskontrolle.
Was ist Aspartam (E 951)?
„Aspartam besteht aus zwei Eiweißbausteinen (Aminosäuren). Sein Kaloriengehalt entspricht daher ungefähr dem von Eiweiß und damit auch dem von Zucker“, erläutert das Bundeszentrum für Ernährung (BzfE). Da seine Süßkraft jedoch um den Faktor 200 höher ist als Zucker, ließen sich durch seinen Zusatz dennoch Kalorien einsparen.
Bekannt ist bereits, dass Personen, die an der Stoffwechselkrankheit Phenylketonurie leiden, Aspartam nicht zu sich nehmen dürfen. Denn es enthält das für sie schädliche Phenylalanin.
Nun soll es offenbar auch auf eine potentielle Krebsgefahr untersucht werden. Zuständig dafür ist die Krebsforschungsagentur IARC.
Welche Kategorien für die Krebs-Gefahr gibt es?
Die Krebsforschungsagentur IARC untersucht, welche Stoffe für Menschen als Krebsrisikofaktoren gelten. Diese teilen die Fachleute in vier unterschiedliche Kategorien ein:
1: krebserregend
2A: wahrscheinlich krebserregend
2B: möglicherweise krebserregend
3: nicht einzustufen
Was bedeuten die Kategorien der Krebs-Gefahr?
Die Klassifizierung basiert darauf, wie stark die Beweise sind und nicht darauf, wie gefährlich eine Substanz ist. Sprich, 2A oder 2B erklärt nicht, wie stark ein Lebensmittel oder eine Zutat das Krebsrisiko erhöht. Die Kategorie spiegelt nur wider, wie gut belegt ist, dass sie Krebs verursachen können. Das heißt, nicht alle Stoffe in einer Gruppe sind gleich gefährlich.
Die erste Gruppe „krebserregend“ umfasst Stoffe von verarbeitetem Fleisch bis hin zu Asbest. Für diese gibt es laut IARC überzeugende Beweise, dass sie Krebs verursachen.
Nachtarbeit und der Verzehr von rotem Fleisch fallen in die Kategorie „wahrscheinlich krebserregend“. Das bedeutet, es existieren nur begrenzte Beweise dafür, dass diese Substanzen oder Situationen beim Menschen Krebs verursachen können oder starke Beweise dafür, dass sie ähnliche Eigenschaften haben wie andere Krebserreger (Karzinogene).
Die mit der Nutzung von Mobiltelefonen verbundenen „hochfrequenten elektromagnetischen Felder“ seien „möglicherweise krebserregend“. Wie bei Aspartam bedeutet dies, dass es entweder nur einige Beweise dafür gibt, dass sie beim Menschen Krebs verursachen können, ausreichende Beweise bei Tieren oder starke Beweise für die Eigenschaften.
Die Gruppe „nicht klassifizierbar“ bedeutet, dass nicht genügend Beweise vorliegen.
Hier finden Sie die komplette Liste der IARC.
Wann wird die Entscheidung zu Aspartam fallen?
Die IARC teilte mit, sie habe in ihrer Juni-Überprüfung 1300 Studien bewertet. Gleichzeitig prüft Joint WHO and Food and Agriculture Organization’s Expert Committee on Food Additives (JECFA), der WHO-Ausschuss für Zusatzstoffe, in diesem Jahr ebenfalls die Verwendung von Aspartam. Die Sitzung begann Ende Juni und soll ihre Ergebnisse am selben Tag bekannt geben, an dem die IARC ihre Entscheidung veröffentlicht – am 14. Juli.
Als wie gefährlich gilt Aspartam bisher?
Seit 1981 erklärt die JECFA, dass der Verzehr von Aspartam innerhalb der akzeptierten Tagesmengen sicher sei. Beispielsweise müsste ein Erwachsener mit einem Gewicht von 60 Kilogramm jeden Tag zwischen zwölf und 36 Dosen Diätlimonade trinken – abhängig von der Aspartammenge im Getränk – um gefährdet zu sein.
Ein IARC-Sprecher sagte Reuters zufolge, dass die Ergebnisse sowohl des IARC- als auch des JECFA-Ausschusses bis Juli vertraulich seien. Sie seien „ergänzend“ zu den bisherigen Einschätzungen und lieferten „den ersten grundlegenden Schritt zum Verständnis der Karzinogenität“. Karzinogenität meint die Eigenschaft eines Stoffes, Krebs zu erzeugen oder die Krebshäufigkeit zu erhöhen.
Debatte und Kritik an Aspartam-Einstufung
In der Lebensmittelbranche löst die potentielle Einstufung als „möglicherweise krebserregend“ schon jetzt eine große Debatte aus. Denn in der Vergangenheit hatte dies durchaus Auswirkungen, Rezepturen wurden angepasst und rund um Glyphosat folgte eine Klagewelle in den USA. „Die IARC ist keine Lebensmittelsicherheitsbehörde und ihre Überprüfung von Aspartam ist wissenschaftlich nicht umfassend und basiert stark auf weithin diskreditierter Forschung“, sagte Frances Hunt-Wood, Generalsekretärin der International Sweeteners Association (ISA) der Nachrichtenagentur.
Ein anderes Gremium, zu dessen Mitgliedern Mars Wrigley, eine Tochtergesellschaft von Coca-Cola (KO.N) und Cargill gehören, sagte, es habe „ernsthafte Bedenken hinsichtlich der IARC-Überprüfung, die die Verbraucher irreführen könnte“.
Aspartam als mögliches Karzinogen zu listen, soll zu mehr Forschung anregen, verrieten die IARC-nahen Quellen. Und es solle Behörden, Verbrauchern und Herstellern helfen, fundiertere Entscheidungen im Sinne der Gesundheit zu treffen.
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