Phase-I-Studie für Influenza-Wirkstoff: Wirtszelle statt Virus als Ziel

Die zugelassenen Arzneimittel zur Behandlung der Influenzarichten sich gegen virale Strukturen. Das Unternehmen Atriva Therapeutics verfolgteinen anderen Ansatz – einen, der an einem elementaren Wirtszellprotein imReplikationsweg der Influenzaviren ansetzt. In einer klinischen Phase-I-Studiewird er nun getestet. 

Das biopharmazeutische Unternehmen Atriva Therapeutics GmbH mitStandorten in Frankfurt und Tübingen befasst sich mit der Entwicklung von antiviralenTherapien, die gegen Wirtszellen gerichtet sind. Wie nun bekannt wurde, testet das Unternehmenseinen Produktkandidaten ATR-002 jetzt in einer klinischen Phase-I-Studie (EudraCT2019-000784-25). Damit beginnt die klinische Entwicklungsphase diesesneuartigen, gegen Wirtszellen gerichteten Ansatzes zur Behandlung vonInfluenzavirus-Infektionen. Die randomisierte, doppelblinde Dosis-Eskalations-Studiewird derzeit in Belgien durchgeführt und untersucht die Sicherheit undVerträglichkeit von ATR-002 bei 60 gesunden Probanden, die in drei Gruppenrandomisiert werden. ATR-002 ist ein First-in-Class MEK-Inhibitor, der an einemelementaren Wirtszellprotein im Replikationsweg der Influenzaviren ansetzt. Diepotenziellen Vorteile dieses gegen die Wirtszelle gerichteten Ansatzes sollenlaut Atriva in einem reduzierten Potenzial für die Entstehung viralerResistenzen liegen sowie in einem verlängerten Behandlungsfenster – jeweils im Vergleich zu gängigenTherapiekonzepten, die direkt gegen virale Strukturen, wie zum Beispiel die Neuraminidase,gerichtet sind. Laut Mitteilung von Atriva konnten präklinische Daten zeigen,dass die orale Anwendung von ATR-002 zu einer schnellen und langanhaltendenHemmung des Raf/MEK/ERK-Signalwegs und folglich zu einer Hemmung der Vermehrungvon Viruspartikeln im Körper führt. Hier findet sich eine Grafik zum Wirkprinzip. 

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Dr. Rainer Lichtenberger, Mitbegründer und CEO von Atriva sieht zum heutigen Zeitpunkt einen hohenungedeckten medizinischer Bedarf für eine wirksame, sichere Grippetherapie, umakut erkrankte Patienten behandeln zu können“. „Jedes Jahr tauchen neueGrippevirus-Stämme auf, und antivirale therapeutische Ansätze sind oft mit derAusbildung von Resistenzen und einem kurzen Behandlungsfenster verbunden“,wird er in einer Mitteilung der Firma zitiert.

Die Genehmigung der klinischen Prüfung in Europa und dienachfolgende Durchführung der ersten klinischen Studie am Menschen mit ATR-002seien bedeutende Meilensteine für das Unternehmen, so Prof. Dr. Oliver Planz, Mitbegründerund CSO von Atriva. Dieser Schritt markiere den Beginn des klinischenWirksamkeitsnachweises von ATR-002 als potenzielle First-in-Class, einmaltäglich einzunehmende, orale Grippetherapie.

Dass an der Einschätzung von Atriva etwas dran ist,zeigt, dass auch andere an neuen Ansätzen gegen Influenza forschen, zum Beispiel an universal wirksamen Impfstoffen. Im vergangenenJahr gelang hier ein wichtiger Schritt bei der Entwicklung vondauerhaft wirksamen, breitneutralisierenden Antikörpern. Konkret handelt essich um eine DNA-Vakzine, die ein Gen in menschliche Zellen einschleust und sieso zur Herstellung des entsprechenden Produktes bringt – in diesem Fall einesAntikörpers gegen Hämagglutinin. Diese breit wirksamenAntikörper boten Mäusen Schutz vor einer Vielzahl verschiedener Grippeviren. Zwarwäre immer noch jedes Jahr eine neue Applikation des Impfstoffes nötig, dochdie Anwendung könnte als Nasenspray erfolgen. Zudem müsste nicht jährlich ein neuer Impfstoffentwickelt werden.

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