Organspende – Würden Sie Ihr Herz verschenken?

Würden Sie Ihr Herz geben? Dieses Organ, das in uns schlägt, auch wenn wir erst ein paar Zentimeter groß sind. Es pumpt in uns, lange bevor sich unser Gehirn ausdifferenziert. Es lässt uns gedeihen. Und es lässt uns verwelken, wenn es schwach und wir alt werden.

Kein Organ trägt so viel Symbolik mit sich. Dabei ist das Herz eigentlich nur ein Muskel, der sich immer wieder ruckartig zusammenzieht und so jede Minute vier, fünf oder sechs Liter Blut durch uns strömen lässt.

Das Besondere an diesem Muskel ist: Man kann ihn von einem Menschen zum nächsten verpflanzen. So wie eine Leber, die Nieren, die Lunge oder die Bauchspeicheldrüse.

Organspende: Der Weg vom Spender zum Empfänger

Ein Jahr lang hat der stern recherchiert, um diesen Weg vom Spender zum Empfänger detailliert zu beschreiben und die Fragen, die sich dabei stellen, beantworten zu können. Wir haben beobachtet, wie bei einer Frau der Hirntod diagnostiziert wurde, wie bei einer anderen Frau die Organe entnommen, wie zwei Männern Herzen transplantiert wurden. Wir sahen, wie Menschen gerettet wurden, während andere es nicht schafften. Daraus wurde eine dreiteilige Serie für die Print-Ausgabe des stern, die von diesem Donnerstag an erscheint.

Warum widmen wir uns diesem Thema so ausführlich? Weil es in der aktuellen Diskussion um die Organspende und die sogenannte Widerspruchslösung vor Meinungen nur so wimmelt, aber viele Fakten außen vor bleiben. Wer bestimmt wie, dass ein Mensch tot ist? Wer entscheidet, wer welches Organ bekommt? Wie funktioniert die Entnahme im OP? Wie die Transplantation?

Die Antworten darauf sind wichtig, weil wir alle einmal Spender oder Empfänger werden könnten. Dann, wenn einem Menschen zum Beispiel eine Ader im Kopf platzt und eine so schwere Blutung auslöst, dass sein Gehirn abstirbt. Oder wenn aus einem scheinbar harmlosen Infekt eine Entzündung wird, die sich bis zum Herzmuskel ausbreitet und ihn schwer schädigt. Dann braucht der Mensch ein neues Herz.

Über der Diskussion schwebt die eine, schwierige Frage, der viele gerne ausweichen. Spenden oder nicht? 

Keine Kampagne für oder gegen Organspende

Die stern-Serie ist keine Kampagne für die Organspende. Und auch keine dagegen. Dafür ist das Thema zu persönlich, zu intim. Es gibt keine allgemeingültige richtige und keine falsche Entscheidung.

Auf unseren Redaktionsfluren laufen Menschen herum, die stolz Spenderausweise mit sich tragen, und andere, die nie auf die Idee kämen, zu spenden.

Viel ist erreicht, wenn sich die Menschen überhaupt entscheiden. Wenn wir dafür Sorge tragen, dass unsere Familien im Fall der Fälle nicht überfordert sind mit der Frage der Ärzte. Wenn wir verhindern, ihnen zu viel aufzubürden, in dem Moment, an dem sie an unserem Sterbebett stehen.

Im ersten Teil der Serie widmet sich der stern den Kranken, die dringend auf ein Organ warten. Ein Jahr lang haben wir vier Menschen begleitet, die ein Herz brauchen. Sie warten auf dem gleichen Klinikflur. Harren aus. Fragen sich, ob sie überleben werden, da doch die Spenderzahlen so niedrig sind. Wir sind dabei, wenn sie in den OP geschoben werden. Wenn ihr neues Herz in ihre Brust gelegt wird. Wenn es das erste Mal schlägt. Erleben, wie die Ärzte um sie kämpfen und ihre Familien um sie bangen.

Im zweiten Teil widmen wir uns den Spendern. Wir begleiten ein Chirurgenteam aus Hannover, das eines Abends aufbricht zu einer Frau, die gerade für hirntot erklärt wurde. Wir beschreiben, wie die Ärzte mitten in der Nacht die Organe herausoperieren.

Im dritten Teil streiten Fachleute über die zentralen Fragen der Organspende: Was spricht für eine Widerspruchslösung, was dagegen? Wann endet das Leben? Gibt es diesen einen Punkt überhaupt?

All die Menschen, die wir in diesem Jahr begleitet haben, eint ein Wunsch: Sie wollen, dass sich mehr Menschen mit der Frage auseinandersetzen, ob sie spenden wollen. Dazu soll diese stern-Serie beitragen.



 

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