Nach fünf Tagen wieder Corona-positiv: Versagt jetzt die „Wunder-Pille“ Paxlovid?

Als Game-Changer erwartet, entpuppt sich Paxlovid immer mehr als Notnagel – der zunehmend wackelig in der Wand der Anti-Covid-Mittel hängt. Aus den USA mehren sich Berichte von Menschen, denen das Corona-Medikament zunächst half und die doch wieder positiv wurden. Wer trotzdem profitiert.

Erst gefeiert, aktuell viel diskutiert: Paxlovid. Das Medikament rettet Leben, so viel ist zu dem Anti-Covid-Mittel klar. Ganz besonders, wenn es rechtzeitig zum Einsatz kommt. Denn es dient dazu, diejenigen, die ein hohes Risiko für einen schweren Corona-Verlauf haben, davor zu bewahren. Die Tabletten Paxlovid vom US-Pharmakonzern Pfizer können – vom Arzt verordnet – zu Hause eingenommen werden. Sie sollen die Virusvermehrung im Körper hemmen.

Real-World-Daten belegen gerade in einer aktuellen Untersuchung, dass die Menschen auch in der Omikron-Welle davon profitieren: Bei den Über-65-Jährigen senkte es das Sterberisiko um 81 Prozent, das Risiko der Hospitalisierung um 67 Prozent.

Die Analyse ist bisher als Preprint erschienen, also noch nicht von Fachkollegen begutachtet. Sie zeigt allerdings auch: Jüngere Erwachsene profitierten nicht signifikant davon, wenn es darum ging einen schweren Verlauf zu verhindern.

Rebound-Effekt: Wenn das Virus zurückkehrt

In den USA tauchen immer häufiger Berichte auf, dass mit Paxlovid Behandelte innerhalb von etwa fünf Tagen erneut positiv auf Corona getestet wurden. Das ist der sogenannte Rebound-Effekt. Das heißt, die Wirkung des Medikaments lässt manchmal zu früh nach. Der frühere Harvard-Professor Eric Feigl-Ding mahnte bereits im Mai, diesen Effekt nicht zu unterschätzen.

Die Mediziner der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) warnten ebenfalls, dass Covid-19 nach Paxlovid erneut auftreten könne.

Der Covid-19-Rebound ist gekennzeichnet durch ein Wiederauftreten der Symptome oder einen neuen positiven Virustest nach einem negativen Test.

Fallberichte hätten gezeigt, dass einige Patienten mit normaler Immunantwort, die eine fünftägige Behandlung mit dem Anti-Covid-Mittel abgeschlossen und sich erholt hatten, zwei bis acht Tage später nochmals erkranken können. Darunter waren auch Geimpfte und Geboosterte.

Die Vertreter der CDC schreiben, es gebe derzeit kaum Daten. Viel deute jedoch darauf hin, dass der Rebound-Effekt nach Paxlovid leichte Symptome verursache. Es lägen keine Berichte über schwere Erkrankungen vor, heißt es in der Zusammenfassung. Darüber hinaus deute nichts darauf hin, dass bei Verdacht auf einen Covid-19-Rebound eine zusätzliche Behandlung mit Paxlovid oder mit anderen Medikamenten erforderlich sei.

Dennoch sagte Mediziner Eric Topol – insbesondere angesichts der erwähnten Real-World-Daten: Selbst bei dem nun bekannten Rebound-Problem zeige sich, dass es sich bei dem Medikament „wirklich um einen Just-in-Time-Durchbruch handelte“.

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  • Für wen Paxlovid geeignet ist

    Die Rebound-Effekte sind demnach kein Grund auf die Anti-Virus-Pille zu verzichten. Von vielen als Wunderpille erwartet, sahen Mediziner es doch früh eher als „Notnagel“. Die enthaltenen Wirkstoffe Nirmatrelvir/Ritonavir vertragen sich mit vielen anderen Medikamenten wie Allergiemitteln, Herzpräparaten oder Krebsmedikamenten nicht. Die Liste der Kontraindikationen (Gegenanzeigen), wie eine Leberinsuffizienz, ist lang.

    Das könnten Gründe dafür sein, dass es bisher in Deutschland keinen nennenswerten Siegeszug gefeiert hat. Das Bundesgesundheitsministerium hat das Medikament für eine Million Patienten bestellt. Verschrieben worden sind davon bisher nach Recherchen der „Welt“ lediglich 17.200 Dosen.

    Nach den Empfehlungen der CDC soll Paxlovid nach wie vor zur Behandlung von leichtem bis mittelschwerem Covid-19 im Frühstadium bei Personen mit hohem Risiko für einen schweren Verlauf eingesetzt werden.

    Ähnlich gilt für Deutschland laut Robert-Koch-Institut (RKI) die in Europa bedingte Zulassung für die Behandlung von Erwachsenen ohne Beschwerden oder mit leichten Symptomen, die keine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen und ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren Covid-19-Verlauf zu entwickeln. Konkret empfiehlt das RKI den Einsatz bei ungeimpften/unvollständig geimpften Patienten mit mindestens einem Risikofaktor für einen schweren Covid-19-Verlauf und bei denjenigen mit hoher Wahrscheinlichkeit für Impfversagen. Bei sehr hohem/komplexem Risikoprofil könnten Behandler auch bei vollständiger Impfung Paxlovid in Erwägung ziehen.   
     

    Warum passieren Covid-Rebounds

    Bisher haben Fachleute noch keine eindeutige Erklärung dafür, dass die Infektion nach so kurzer Zeit wieder zurückkehrt. Eine Hypothese ist, dass sich Menschen einfach schnell hintereinander mit verschiedenen Varianten von Sars-CoV-2 infizieren. Denn die Fälle im Land nehmen zu und das Virus mutiert schnell. Die schnelle Veränderung stützt auch die andere These: Das Virus hat, weil es so schnell mutiert, einen Weg entwickelt, Paxlovid zu entkommen und resistent dagegen zu werden.

    David Ho, eigentlich HIV-Forscher, hat seine eigene Infektion und andere Fälle mit seinem Labor genauer analysiert. Darüber berichtete das Magazin „Time“. Ho hält eine andere Erklärung für plausibel. Seine kleine Studie zeigte, dass drei der Infektionen in seinem Bericht – darunter seine – Rebounds der ersten waren. Sprich, es handelte sich um keine neuen Stämme oder eine neue Paxlovid-resistente Variante. Basierend auf den genetischen Sequenzierungsdaten „zeigten wir, dass das wiederauftretende Virus nicht resistent gegen den Proteaseinhibitor [dem Wirkstoff in Paxlovid] ist, weil es keine Veränderung in der Proteasesequenz gibt“, sagte er. „Es ist keine erneute Infektion mit einem anderen Virus. Die Abläufe sind identisch.“ Laut Pfizer verdeutlichten ihre Studien Ähnliches: Das Virus habe keine Resistenz gegen das Protease-Inhibitor-Medikament entwickelt.

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    Für eine mögliche Ursache des Reboundeffekts in dieser Richtung spricht sich auch Infektiologe Bernd Salzberger in der „Welt“ aus: Bei einigen Patienten sei ein Mittel allein einfach zu wenig, um den Erreger langfristig zu besiegen. Bei HIV und Hepatitis C hätten sich auch Wirkstoff-Kombinationen als notwendig erwiesen, um die Vermehrung der Erreger ausreichend zu unterdrücken. Der Leiter der Infektiologie am Universitätsklinikum Regensburg hat kürzlich selbst eine Patientin behandelt, die zehn Tage nach der Paxlovid-Therapie wieder positiv wurde und auch Symptome entwickelte. Es handelte sich um eine Frau mit sehr geschwächter Immunabwehr.

    Ralf Bartenschlager, Leiter der molekularen Virologie am Universitätsklinikum Heidelberg und Präsident der deutschen Gesellschaft für Virologie, lieferte eine weitere Theorie: „Die Immunantwort benötigt recht lange, bis sie so stark ausgeprägt ist, dass die Infektion kontrolliert werden kann.“

    Insofern scheinen sich Argumente zu verstärken, dass die Paxlovid-Behandlung besser länger als fünf Tage dauern sollte. Noch allerdings gibt es hierzu keine offiziellen Empfehlungen. So sehr Mediziner Eric Topol das Medikament als eines schätzt, das aktuell Menschenleben retten kann. Gleichzeitig fordert er: Es müssen schlagkräftigere Anti-Virus-Pillen entwickelt werden.

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