Der gute Schweiß: Üble Körpergerüche von anderen sollen gegen Angstzustände wirken

Schnüffeln Sie gern an den Achselhöhlen Ihrer Mitmenschen? Ob in der vollen Straßenbahn oder im Großraumbüro, den Schweißgeruch anderer nehmen die meisten eher nicht als Wohltat wahr, sondern als olfaktorische Belästigung. Starkem Körpergeruch haftet der Dünkel von mangelnder Hygiene an, er ist etwas, worüber sich die Nase im wahrsten Sinne des Wortes rümpfen lässt. Pfui, Teufel! Kurz: Schweiß hat einen schlechten Leumund – möglicherweise zu Unrecht. Denn wie ein schwedisches Forscherteam herausgefunden haben will, könnte dem Schweigeruch eine therapeutische Wirkung innewohnen, er soll Angstzustände lindern können.

Im Rahmen einer kleinen Pilotstudie testeten die Wissenschaftler:innen welche Effekte eine Achtsamkeitstherapie gepaart mit Schweißgerüchen auf Menschen mit Ängsten vor sozialen Situationen haben kann. Zuvor hatte das Forscherteam Achselschweißproben von Freiwilligen entnommen, nachdem diese Ausschnitte aus Grusel- oder Gute-Laune-Filmen angesehen hatten. Ein Teil der Patientinnen wurde dann während der zweitägigen Achtsamkeitstherapie diesen Gerüchen ausgesetzt. Die Resultate zeigen, dass bei ihnen die Therapie tatsächlich weit besser angeschlagen zu haben scheint als bei der Kontrollgruppe, die reiner Luft ausgesetzt war. Demnach verringerten sich ihre Angstwerte nach der Behandlung um 39 Prozent, die der Kontrollgruppe um 17 Prozent.

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Der Körpergeruch anderer steigert unser Wohlbefinden

Aber woran liegt das? Jeder Mensch schwitzt. Manche mehr, manche weniger. Im Schnitt gibt der Körper zwei Liter Wasser am Tag ab. In der Regel riecht frischer Schweiß nicht. Der bekannte unangenehme Geruch entsteht, wenn es zum Zersetzungsprozess kommt und Buttersäure entsteht. Da dafür Bakterien zuständig sind, die sich besonders in feucht-warmen Milieus wie eben Achselhöhlen wohlfühlen, kommt es dort besonders häufig zu Geruchsbildungen. Jeder Einzelne hat einen individuellen Eigengeruch.

Bekannt sei, dass es einen starken Zusammenhang zwischen unserem Geruchssinn und unserem Wohlbefinden gibt, erklärt Duncan Boak von Fifth Sense, einer Organisation, die Öffentlichkeitsarbeit für Geruchs- und Geschmacksstörungen leistet, der "BBC". So könne der Verlust der Fähigkeit, andere Menschen wie den Partner oder die Kinder zu riechen, zu Depressionen und Gefühlen der Isolation führen, sagt er. 

Verrät unser Schweiß anderen, wie wir uns fühlen?

Auch die schwedischen Forscher:innen gehen davon aus, dass sich unsere emotionalen Zustände in unseren Körpergerüchen spiegeln, dadurch Gefühle wie Glück oder Angst übermittel werden. Sie vermuten sogar, dass diese Gerüche dann ähnliche emotionale Zustände bei denen auslösen können, die diese riechen. Jedoch habe das Forscherteam im Rahmen der Studie überraschend festgestellt, dass der emotionale Zustand in denen der Schweiß produziert wurde, auf das Ergebnis keinen Einfluss hatte. "Die Wirkung war gleich", so die Leiterin der Studie Elisa Vignar laut "The Guardian".

"Es könnte also sein, dass die Chemo-Signale im Schweiß des Menschen die Reaktion auf die Behandlung beeinflussen", erläutert die Wissenschaftlerin vom Karolinska-Institut in Stockholm. Möglicherweise ist also nicht die Beschaffenheit des Schweißes  relevant für den positiven Therapieeffekt, sondern die Tatsache, dass Schweiß an sich eingesetzt wird. Vignar sagt: "Es könnte sein, dass die bloße Anwesenheit einer anderen Person diese Wirkung hat, aber das müssen wir noch bestätigen."

Die Ergebnisse der Pilotstudie wurden jetzt im Rahmen des Europäischen Psychiatriekongresses in Paris vorgestellt. Eine Folgestudie läuft bereits. Diese ist ähnlich aufgebaut, allerdings soll auch möglichst emotional-neutraler Schweiß einbezogen werden. 

Quelle: BBC, The Guardian, The Telegraph, EBC

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