Schwangerschaftsvergiftung (Gestose) – Ursachen, Symptome, Therapie

Der Begriff der Schwangerschaftsvergiftung ist heute eigentlich veraltet, wird umgangssprachlich dennoch weiterhin für eine Reihe von Erkrankungen verwendet, die auf eine Anpassungsstörung des Körpers während einer Schwangerschaft zurückgeführt werden können. Der moderne Überbegriff für Erkrankungen dieser Art lautet medizinisch korrekt Gestose. Hierzu zählen, neben der Übelkeit am Morgenn im ersten Schwangerschaftsdrittel, auch mit der Schwangerschaft in Verbindung stehende Bluthochdruckerkrankungen. Schätzungen zufolge betrifft eine solche Erkrankung etwa sechs bis acht Prozent aller Schwangeren. Die Erkrankungen sind vielfältig und bisher existieren noch keine speziellen Diagnoseverfahren, doch nachfolgend erfahren einige wichtige Einzelheiten zum Charakter und Verlauf von Gestosen.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Genau genommen handelt es sich bei einer Schwangerschaftsvergiftung nicht um eine Vergiftung im eigentlichen Sinne. Der Begriff geht auf veraltete Theorien zurück, die besagen, dass während einer Schwangerschaft bestimmte chemische Substanzen vom weiblichen Stoffwechsel freigesetzt werden, welche eine Vergiftung von Frau und Kind verursachen können. Heute weiß man jedoch, dass dies nicht der Fall ist. Stattdessen geht man davon aus, dass es sich bei der Gestose um eine Anpassungsstörung des Körpers während der Schwangerschaft handelt. Diese Anpassungsstörung kann, je nach Schwere, verschiedene Gesundheitsbeschwerden auslösen.

Charakteristisch für Gestosen ist, dass sie fast immer mit einem erhöhten Blutdruck, der sogenannten Gestationshypertonie, einhergehen. Bluthochdruck gilt deshalb auch als eindeutiges Kardinalsymptom der Erkrankung. Fachlich korrekter als Schwangerschaftsvergiftung wäre in diesem Zusammenhang daher die Bezeichnung „Schwangerschaftshochdruck“. Des Weiteren kann es zu Symptomen wie Übelkeit, der Bildung von Ödemen und einer erhöhten Eiweißausscheidung im Urin, auch Gestationsproteinurie genannt, kommen. Ebenso sind vielseitige Schmerzsymptome denkbar, wobei diese selbst ein ausgeprägtes Krampfgeschehen nicht ausschließen. Da sich Gestosen in ihrer Schwere zumeist in Abhängigkeit vom Stadium einer Schwangerschaft stark unterscheiden, werden sie in der Medizin wie verschiedene Formen unterteilt-

Frühgestose

Bei einer Frühgestose treten zwischen dem zweiten und vierten Monat einer Schwangerschaft verhältnismäßig harmlose Beschwerden auf. Dazu zählen:

  • Hyperemesis gravidarum (Schwangerschaftserbrechen): Hierbei handelt es sich um das klassische Schwangerschaftserbrechen im ersten Schwangerschaftsdrittel. Neben dem Erbrechen kann es zu erhöhtem Puls, niedrigem Blutdruck und Kreislaufbeschwerden kommen.
  • Hypersalivation (Sialorrhö): Neben unstillbarem Erbrechen kann es bei Frauen in der Frühschwangerschaft auch zu verstärktem Speichelfluss kommen. Dieser wird nicht selten durch verschiedene Vorerkrankungen der Mutter begünstigt, welche aufgrund der schwangerschaftsbedingten Körperabläufe die Speichelproduktion beeinträchtigen.

Spätgestose

Sie treten erst nach dem vierten Monat einer Schwangerschaft auf. Charakteristisch für diese Gestosen ist eine Erhöhung des Blutdrucks, weshalb sie auch als hypertensive Schwangerschaftskrankheiten bezeichnet werden. Spätgestosen sind bei Weitem komplikativer und gefährlicher für die werdende Mutter und ihr ungeborenes Kind. Die wichtigsten Unterformen sind hier:

  • HELLP-Syndrom: Der Name dieses Syndroms setzt sich aus den englischen Begriffen „Haemolysis“ für hämolytische Anämie, „Elevated Liver“ Enzyme Level für erhöhte Leberwerte und „Low Platelet Count“ für eine verminderte Anzahl von Blutplättchen (Thrombozyten) zusammen. Damit sind die Kardinalsymptome des HELLP-Syndroms bereits umschrieben. Häufig geht mit dem Syndrom zeitgleich eine Präeklampsie einher. Schätzungsweise sind von 1000 Schwangeren etwa ein bis drei Frauen von dem HELLP-Syndrom betroffen.
  • Präeklampsie: Diese hypertensive Erkrankung, an der schätzungsweise drei bis fünf Prozent aller Schwangeren leiden, geht mit einem erhöhten Blutdruck und vermehrter Eiweißausscheidung über den Urin einher. Auch Wassereinlagerungen können im Verlauf einer Präeklampsie entstehen. Aufgrund dieser drei charakteristischen Symptome, die sich im Englischen auch als Edema (englisch für Ödeme), Proteinuria (englisch für Eiweiß im Urin) und Hypertension oder Hypertonia (englisch für Bluthochdruck) benennen lassen, wird Präeklampsie gelegentlich als EPH-Gestose bezeichnet. Eine Sonderform der Präeklampsie ist weiterhin die sogenannte Pfropfpräeklampsie bzw. Pfropfgestose. Hiervon spricht die Medizin, wenn eine Mutter bereits im Vorfeld einer Schwangerschaft an Bluthochdruck litt und sich im Zuge der Schwangerschaft weitere Begleitsymptome einer Gestose zu der Hypertonie gesellen. Darüber hinaus gilt diese Form als Vorstufe der Eklampsie.
  • Eklampsie: Bei etwa zehn Prozent aller werdenden Mütter, die im Vorfeld an einer Präeklampsie litten, kommt es im weiteren Verlauf zu einer Eklampsie. Die Erkrankung ist vor allem deshalb so komplikativ, weil sie im fortgeschrittenen Stadium neben Bluthochdruck, Ödemen und Proteinurie auch epileptische Anfälle verursachen kann, die meist kurz nach der Geburt bei der Mutter auftreten. Die Eklampsie ist somit die schwerste Form der Gestose, denn im Zuge der epileptischen Krampfanfälle kommt es im schlimmsten Fall zu einer tiefen Bewusstlosigkeit, wenn nicht sogar zu einem Koma während der Schwangerschaft bzw. der Geburt. Die epileptischen Anfälle bergen für ein ungeborenes Kind große Risiken, denn während eines Anfalls wird die Sauerstoffversorgung des Kindes im Mutterleib beeinträchtigt, was den Kindstod bedeuten kann.

Die Ursachen für eine Gestose sind bislang nicht abschließend geklärt. Es gibt jedoch verschiedene neue Forschungsergebnisse, welche wesentlich plausiblere Erklärungsansätze und Theorien zur Krankheitsentstehung liefern als die irreführende Bezeichnung einer Schwangerschaftsvergiftung. Ein besonderer Lesetipp hierzu ist eine Studie des Fachbereichs für Geburtshilfe und Gynäkologie am Bharati Vidyapeeth University Medical College in Pune, Indien aus dem Jahre 2014. Das zuständige Forschungsteam gab erstmals einen umfassenden Einblick in die Abläufe, die sich im Vorfeld und während einer Gestose im weiblichen Unterleib ereignen und lichtete damit das medizinische Dickicht um die Entstehungsgründe für die Erkrankung zumindest ein wenig.

Ein unbekanntes Störsignal in der Plazenta

Auch wenn die Entstehungsgründe einer Gestose bislang nur unzureichend erforscht sind, so ließ sich in der Vergangenheit feststellen, dass die Erkrankung ihren Ursprung in der Plazenta der werdenden Mutter nimmt. Offenbar sorgt hier ein bis dato noch unbekanntes Störsignal in der Plazenta für eine gestörte Anpassung des mütterlichen Herz-Kreislauf- und Stoffwechselsystems an die beginnende Schwangerschaft.

Es wird vermutet, dass dieses Störsignal entweder mit einer fehlerhaften Einnistung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter, einer gestörten Produktion von Plazentagewebe oder der Entstehung von Muttermalen innerhalb der Gefäßwände in Verbindung steht. In jedem Fall verursacht das Signal aber massive Funktionsstörungen der Endothelzellen, welche die Innenschicht der Gefäßwände auskleiden. Mit weitreichenden Folgen, denn Endothelzellen sind im Herz-Kreislauf-System für eine Vielzahl an Aufgaben zuständig, wie:

  • Die Produktion wichtiger Botenstoffe, die zur Regulierung des Blutdrucks und zur Aufrechterhaltung des natürlichen Spannungsverhältnisses innerhalb der Gefäßmuskulatur benötigt werden.
  • Regulierung des Stoffaustauschs zwischen Blut und Gewebe durch das Endothel, indem es als Barriere zwischen dem Blutfluss und den stoffdurchlässigen Außenschichten der Blutgefäße dient.
  • Speziell mit Blick auf die Entstehung neuen Lebens ist außerdem eine weitere Aufgabe der Endothelzellen von Bedeutung – die Angiogenese. Darunter versteht man das Wachstum von Blutgefäßen durch Sprossung bzw. Spaltung bereits vorhandener Blutgefäße. Für die Neubildung von Gefäßen während der embryonalen Entwicklung, der sogenannten Vaskulogenese, sind außerdem endotheliale Vorläuferzellen verantwortlich.
  • Auch die Hemmung und Aktivierung der Blutgerinnung wird von Endothelzellen mitgestaltet, weshalb sie für die Fließeigenschaften des Blutes von essenzieller Bedeutung sind.
  • Selbst an der Infektionsbekämpfung wirkt das Endothel aktiv mit, indem es Antikörper zu den erkrankten Gewebeabschnitten schleust und lokale Entzündungen als Abwehrreaktion auf eine Infektion in Gang setzt.

Es ist nicht unschwer zu erkennen, dass die krankheitsbedingt gestörte Funktion multifunktionaler Gefäßwandzellen bei Gestose empfindlich in die Symbiose des mütterlichen und fötalen Blutkreislaufs eingreift. Aus einer Störung der oben genannten Funktionen von Endothelzellen, auch Endotheldysfunktion genannt, erwachsen eine Reihe gesundheitlicher Probleme.

Gestose durch gestörten Blutkreislauf

Wenn die Endothelzellen ihren Aufgaben störungsbedingt nicht mehr nachkommen können, hat dies äußerst kritische Auswirkungen auf die Entwicklung der Plazenta. Beispielsweise können Arteriolen, die kleinste Einheit von arteriellen Gefäßen, nur noch unzureichend von der Gebärmutterschleimhaut aus in die Plazenta hineinwachsen, was die Nährstoff-, Sauerstoff- und Blutversorgung des Embryos entschieden beeinträchtigt. Hinzu kommt, dass die gestörte Blutzirkulation durch fehlende bzw. fehlerhaft ausgebildete Arteriolen einen erhöhten Anstieg des Blutdrucks im Mutterleib verursacht. Ebenso reagieren die betroffenen Gefäße empfindlicher auf Störreize und neigen deshalb zu Gefäßkrämpfen, die mitunter auch auf die Gefäßmuskulatur sowie deren versorgende Nerven übergreifen können.

Die Reinigung des Blutes in der Plazenta wird durch die endotheliale Dysfunktion ebenfalls stark in Mitleidenschaft gezogen. Gerade Lipoproteine, die im Blut für den Transport von wasserunlöslichen Fetten verantwortlich sind, werden aufgrund der gestörten Blutzirkulation nur noch unvollständig entleert. Es kommt deshalb vermehrt zu Oxidationsprozessen an den Lipoproteinen in den gebärmuttereigenen Gefäßen und somit zu starkem oxidativem Stress, wodurch vermehrt freie Radikale entstehen. Diese erhöhen nicht nur den Blutdruck, sondern steigern auch das Risiko von Herz- und Gefäßerkrankungen. Insgesamt werden folgende Beschwerden eines gestörten Blutkreislaufs mit oxidativem Stress assoziiert:

  • Arterienverkalkung (Arteriosklerose),
  • Bluthochdruck (Hypertonie),
  • Gefäßkrämpfe (Vasospasmen),
  • Gefäßentzündungen (Vaskulitis).

Achtung: Die Werte einiger Substanzen, welche die Gefäßweite beeinflussen, sind insbesondere bei Schwangeren mit Präeklampsie stark verändert. Beispielsweise ist der Spiegel von sFlt-1 (soluble fms-like tyrosine kinase 1) deutlich erhöht, während PIGF (Placental growth factor) stark reduziert sein kann. Das stoffliche Ungleichgewicht beeinträchtigt nicht nur den Blutdruck, es kann auch die Nierendurchblutung empfindlich angreifen. Die ist ein Grund, weshalb Nierenprobleme bei Patientinnen mit Präeklampsie weit über den schwangerschaftstypisch gesteigerten Harndrang hinausgehen.

Gestose – eine Autoimmunkrankheit?

Vor dem Hintergrund gefäßbezogener Störungen tat sich in verschiedenen Studien noch eine andere Dimension der Krankheitsursachen auf. Jüngste Forschungsergebnisse legen nahe, dass bestimmte Autoimmunprozesse bei Gestosen ebenfalls eine Rolle spielen. Wissenschaftler fanden unter anderem heraus, dass Patientinnen mit Präeklampsie Autoantikörper aufweisen, welche die Angiotensin-II-Rezeptoren nachteilig beeinflussen. Angiotensin II ist ein Gewebshormon, das wie Endothelzellen zur Aufrechterhaltung des Blutdrucks benötigt wird.

Russische Wissenschaftler bemerkten in einer Studie ebenfalls den Anstieg antivaskulärer Antikörper bei schwangeren Frauen mit Gestose. Ferner stützt eine deutsch-norwegisch-britische Gemeinschaftsstudie die Theorie autoimmuner Vorgänge als Ursache für Präeklampsie und legt nahe, dass eine immunologische Inkompatibilität zwischen Mutter und Fötus, insbesondere bei krankheitsbedingten Gefäßentzündungen durch Arteriosklerose, der Grund für diese Form der Gestose sein könnte.

Aus Salzburg wiederum stammt eine Studie, die sich mit der Autoimmunerkrankung Diabetes Typ 1 als Ursache für das HELLP-Syndrom befasst. Gemäß den Studienergebnissen ließ sich das Syndrom demnach im Versuch bei einer Diabetes-Patientin mit einer angemessenen Therapie der Grunderkrankung beheben. Darüber hinaus lieferte eine weitere Studie Hinweise darauf, dass rheumatische Autoimmunkrankheiten eine Präeklampsie begünstigen.

Übrigens: Die Autoimmun-Theorie für Gestose ist nicht neu. Schon 1998 beobachteten die Wissenschaftler Dekker und Sibai in den Niederlanden, dass bei 50 % aller Frauen mit Präeklampsie Antikörper gegen endotheliale Zellen vorliegen (siehe hier).

Anlage und Umwelt spielen eine Rolle

Wie es bei vielen Autoimmunkrankheiten der Fall ist, welche durch Umwelteinflüsse wie hohe Schadstoffbelastung in der Luft getriggert werden, scheint auch die Gestose dann auszuschlagen, wenn etwas im Umfeld der Schwangeren nicht stimmt. Vor allem Organochlor-Pestizide scheinen hier entsprechende Entwicklungsstörungen in der Plazenta in Gang zu setzen. Zu diesem Ergebnis kamen Forschende, nachdem sie die Plazenten von 508 kirgisischen Frauen untersuchten. 241 dieser Frauen lebten in Regionen, die vom Baumwollanbau und damit einem hohen Einsatz von Pestiziden geprägt sind. 121 Frauen lebten in urbanen Wohngebieten, die bedingt durch ihre Nähe zu industriellen Ballungszentren starker Umweltverschmutzungen ausgesetzt waren, und 146 Teilnehmerinnen der Studie stammten aus schadstofffreien Bergregionen Kirgisistans.

Das Ergebnis war eindeutig. Organochlor-Pestizide wurden bei gut 47 Prozent aller Plazenten gefunden, wobei Frauen aus verschmutzten Gebieten (insbesondere mit Wohnnähe zu Pestizidlagern) die Mehrheit stellten. Die Forschenden beobachteten nicht nur erhöhte Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen wie Totgeburten, niedriges Geburtsgewicht des Säuglings, Säuglingsinfektionen und Fehlbildungen, sondern auch ein gehäuftes Vorliegen von Präeklampsie bei Kontakt mit den Schadstoffen.

Auch eine genetische Komponente scheint bei dem beschriebenen Krankheitsbild zum Tragen zu kommen. Laut Angaben einer Studie von Chesley und Cooper ist die Wahrscheinlichkeit, dass die weiblichen Familienmitglieder einer Frau mit Präeklampsie oder Eklampsie ebenfalls entsprechende Schwangerschaftskomplikationen entwickeln, äußerst hoch. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 120 Prozent sind hier die Schwestern der Frau am meisten gefährdet. Bei den Töchtern liegt das Risiko mit 88 Prozent etwas niedriger, wohingegen die Enkelinnen mit 105 Prozent wieder deutlich gefährdeter sind. Entsprechende Berechnungen führten die Wissenschaftler anhand der Falconer Methode durch – einer mathematischen Formel zur Erhebung von genetischen Einflüssen sowie Umwelteinflüssen.

Weitere Risikofaktoren

Frauen, die bereits an einer Frühgestose litten, erkranken später häufiger an einer Spätgestose. Gleiches gilt für das Auftreten einer Gestose während einer vorherigen Schwangerschaft. Daneben besitzen sowohl junge Mütter im Alter unter 18 Jahren als auch Frauen im Alter über 40 Jahren ein deutlich höheres Risiko der Erkrankung, als Frauen, die im mittleren Alter schwanger werden. Ebenso neigen Erstgebärende eher dazu, als Zweit- oder Drittgebärende ohne entsprechende Vorgeschichte. Bei Mehrlingsschwangerschaften besteht ebenfalls ein erhöhtes Risiko.

Im Bereich der risikobehafteten Grunderkrankungen, welche die Wahrscheinlichkeit an einer Gestose zu erkranken erhöhen, sind neben bereits erwähnten Autoimmunerkrankungen wie Diabetes oder Rheuma vor allem

  • Adipositas (Übergewicht),
  • chronischer Bluthochdruck,
  • Blutgerinnungsstörungen,
  • Multiple Sklerose,
  • Neuralgien,
  • Nierenerkrankungen
  • und das Antiphospholipid-Syndrom zu nennen.

Bei letzterem Beschwerdebild handelt es sich abermals um eine Autoimmunerkrankung, die vorrangig Frauen betrifft und durch Autoantikörper ausgelöst wird, welche sich gegen körpereigene Phospholipide richten. Sie sind Bestandteil zahlreicher Körperflüssigkeiten, darunter die Gallenflüssigkeit und das Lungentensid Surfactant. Außerdem fungieren Phospholipide als Signalmoleküle in den Zellen, was erneut den Verdacht aufwirft, dass die krankheitsbedingten Störungen in den Endothelzellen durch Autoimmunprozesse verursacht werden.

Symptome bei Schwangerschaftsvergiftung

Die Symptome einer Gestose sind vielfältig und unterscheiden sich nach der Krankheitsform. Während bei Frühgestosen harmlosere Allgemeinsymptome wie Übelkeit, Erbrechen und vermehrter Speichelfluss auffallen, haben alle Spätgestosen den schwangerschaftsbedingten Bluthochdruck gemeinsam. Zusätzlich kommt es, wie zu Beginn erwähnt, zu Wassereinlagerungen (Ödemen) im Gewebe und Eiweißausscheidungen im Urin.

Gerade der erhöhte Blutdruck hat im fortgeschrittenen Stadium weitere Auswirkungen. Zum Beispiel wird hierdurch die Filtrierungsarbeit der Nieren stark strapaziert, die infolgedessen nicht nur mehr ungefiltertes Eiweiß ausscheiden, sondern, bedingt durch den hohen Druck, auch Nährstoffe nur noch mangelhaft resorbieren. Auf diese Weise kann es bei der Schwangeren zu einem Nährstoffmangel kommen, der sich beispielsweise in Kreislaufbeschwerden, Kopfschmerzen oder Sehstörungen ausdrückt. Die Leber leidet nicht minder unter der gestörten Blutzirkulation. Gerade Verdauungsbeschwerden und Oberbauchschmerzen deuten hier auf eine gestörte Leberfunktion hin.

Neurologische Symptome, die aufgrund von Gefäß- und Nervenkrämpfen entstehen, umfassen Spätgestosen und hier insbesondere bei der Eklampsie vor allem Kopfschmerzen, Bewusstseins- und Sehstörungen (z.B. Augenflimmern), übersteigerte Reflexe sowie die bereits angedeuteten Krampfanfälle. Auch vielfältige Schmerzsymptome im Bauchbereich, zum Beispiel Magenschmerzen, Darm- oder Unterleibskrämpfe, sind möglich und mit Blick auf Fehlgeburten durch verfrühte Wehen zudem äußerst gefährlich.

Alles in allem können folgende Schwangerschaftsbeschwerden auf eine Gestose hindeuten:

  • Bluthochdruck,
  • Eiweiß im Urin,
  • geringe Harnmenge,
  • Kopfschmerzen,
  • Krampfanfälle,
  • Leberfunktionsstörungen,
  • Nierenfunktionsstörungen (renale Dysfunktion),
  • plötzliche, hohe Gewichtszunahme,
  • Schmerzen im Oberbauch,
  • Sehstörungen,
  • Übelkeit und Erbrechen,
  • übersteigerte Reflexe,
  • Wassereinlagerungen (Ödeme).

Achtung: Das kombinierte Auftreten von Symptomen wie Oberbauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Sehstörungen, Kopfschmerzen und unruhige Reflexe deutet auf eine Eklampsie hin! Betroffene Patientinnen müssen sich umgehend zur Gynäkologin bzw. zum Gynäkologen begeben, um schwerwiegenden Spätfolgen wie Krampfanfällen oder komatösen Bewusstseinsstörungen rechtzeitig vorzubeugen!

Diagnose

Bei Verdacht auf eine Schwangerschaftsvergiftung sollten Sie schnellstmöglich Ihre Gynäkologin bzw. Ihren Gynäkologen aufsuchen. Im Zuge einer Anamnese müssen nicht nur bestehende Symptome, sondern auch mögliche Vorerkrankungen und familiäre Dispositionen abgeklärt werden. Da bisher keine eigenen Diagnoseverfahren existieren, werden im Anschluss individualspezifische Untersuchungen durchgeführt, zu denen unter anderem Blutdruckmessungen, Blutuntersuchungen, Urintests und eine Gewichtsüberprüfung gehören.

Die Blutdruckmessung sollte bei Gestose-Patientinnen mehrmals pro Tag, im Abstand von jeweils sechs Stunden, in schweren Fällen ggf. auch stündlich erfolgen, um Abweichungen und starke Erhöhungen so gut wie möglich beobachten zu können. Eine Proteinurie lässt sich primär im Rahmen eines Urintests feststellen. Sie liegt vor, wenn eine Patientin täglich mehr als 300 mg Eiweiß pro Liter Urin ausscheidet. Bei der Blutuntersuchung sind vor allem die Leber- und Nierenwerte sowie die Gerinnungsparameter, etwa durch die Bestimmung der Anzahl von Blutplättchen, wichtig. Zusätzlich zu den Labortests wird der Zustand des Kindes mit Hilfe einer Kardiotokografie (CTG) und einer Ultraschalluntersuchung überprüft. Die Plazentafunktion lässt sich dank bildgebenden Maßnahmen ebenfalls beurteilen.

Therapie

Der Verlauf einer Schwangerschaftsvergiftung hängt maßgeblich von der Art der Gestose ab. Bei leichteren Formen kann bereits Stressvermeidung nach wenigen Tagen zur Beschwerdefreiheit führen. Bei schwereren Formen hingegen ist meist eine medikamentöse Behandlung notwendig, die zumindest den Blutdruck senkt. Im schlimmsten Fall kann eine vorzeitige Geburtseinleitung notwendig werden. Nach der Geburt normalisiert sich der Bluthochdruck in der Regel spätestens nach drei Monaten mit Hilfe von Medikamenten. Es sei darauf hingewiesen, dass Spätgestosen ohne Behandlung tödlich für Mutter und Kind enden können. Nehmen Sie die ärztlichen Weisungen also bitte ernst und setzen Sie diese sorgfältig um.

Stressvermeidung

Um den Blutdruck möglichst niedrig zu halten, sollten Sie in jedem Fall Stress im Alltag vermeiden. Hektik tut einem ungeborenen Kind nicht gut, weshalb eine stressfreie Alltagsplanung und gezieltes Entspannungstraining Teil jeder Schwangerschaft sein sollten. Geeignete Kursangebote sind zum Beispiel Wassergymnastik für Schwangere, Qi-Gong, Klangschalen-Therapie und Yoga. Auch Atemübungen, die spätestens für die Geburt wichtig sind, helfen bei der Herstellung von mehr Ruhe und Gelassenheit.

Zur besseren Entspannung empfehlen sich warme Bäder, die zugleich bei leichten Wassereinlagerungen hilfreich sein können. Legen Sie regelmäßige Pausen zwischen anstrengenden Tätigkeiten ein und tun Sie nichts Hektisches mehr vor dem Schlafengehen. Apropos Schlaf: Eine gesunde Schlafhygiene ist grundsätzlich wichtig um den Blutdruck niedrig zu halten.

Das Rauchen nicht nur aus Blutdruckgründen, sondern auch für das Wohlergehen des ungeborenen Kindes aufzugeben, versteht sich während einer Schwangerschaft von selbst. Nikotin verursacht nicht nur körperlichen Stress für die Mutter, sondern auch für das Kind, da der ohnehin beeinträchtigte Stoffaustausch zwischen Mutter und Plazenta hierdurch noch eine ungesunde Menge an Giftstoffen zu bewältigen hat.

Um einer möglichen Schwangerschaftsvergiftung vorzubeugen, ist die Vermeidung von Übergewicht angebracht. Im Idealfall wird dieses Ziel durch eine gesunde Ernährung erreicht, welche auch während der gesamten Schwangerschaft eingehalten wird. Empfehlenswert ist die Aufnahme von Nährstoffen wie L-Arginin und Selen sowie Folsäure. (Bild: HQUALITY/fotolia.com)

Ernährungsmaßnahmen

Einer Schwangerschaftsvergiftung lässt sich nur bedingt vorbeugen, jedoch empfiehlt sich der Abbau von Übergewicht schon im Vorfeld der Schwangerschaft durch eine gesunde Ernährung. Auch während der Schwangerschaft können die richtigen Ernährungsmaßnahmen einer Gestose vorbeugen. Beispielweise sollte auf blutdrucksteigernde Getränke wie Kaffee oder Cola verzichtet und vermehrt auf Nährstoffe wie L-Arginin und Selen gesetzt werden. Diese reduzieren das Risiko einer Präeklampsie nicht nur präventiv, vielmehr können Sie die auch Beschwerden einer bestehenden Gestose lindern. Ebenso wichtig ist die Aufnahme von Folsäure, da das Mineral nachweislich vor Arteriosklerose, Blutarmut sowie embryonalen Fehlbildungen schützt.

Schwangere haben mit Blick auf den hohen Stellenwert, den Folsäure bei der Embryonalentwicklung einnimmt, ohnehin einen gesteigerten Bedarf und müssen statt der normalen 600 µg ganze 800 µg täglich zu sich nehmen. Im Falle einer Gestose kann der Bedarf mitunter noch höher liegen. Erfreulicherweise sind Folsäure, Selen und L-Arginin oft in denselben Lebensmitteln zu finden, die maßgeblich von Getreide, Hülsenfrüchten, Meeresfrüchten und Fisch gestellt werden. Hier eine kleine Auswahl:

  • Blaukraut,
  • Bohnen,
  • Champignons,
  • Erbsen,
  • Erdnüsse,
  • Garnelen,
  • Haferflocken,
  • Kabeljau,
  • Lachs,
  • Linsen,
  • Naturreis,
  • Orangen,
  • Paranüsse,
  • Pinienkerne,
  • Putenbrust,
  • Sojabohnen,
  • Sonnenblumenkerne,
  • Spargel,
  • Spinat,
  • Tomaten,
  • Weizenkleie.

Auch der ein oder andere Happen mageres Kalbsfleisch oder Geflügelleber darf, mit Blick auf eine angemessene Folsäure-, Selen- und Arginin-Versorgung, während der Schwangerschaft bedenkenlos verzehrt werden. Gemeinsam mit Milchprodukten liefern die mageren Fleischsorten zudem wichtige Proteine, an denen, aufgrund der krankheitsbedingten Proteinurie, ein erhöhter Bedarf herrscht.

Ebenfalls sinnvoll ist es, statt schädlichen gesättigten Fettsäuren, auf gefäßschützende ungesättigte Fettsäuren zu setzen. Diese finden sich neben Fisch vor allem in Pflanzenölen. Die für Schwangere wichtige Jod-Zufuhr ist hingegen eher über Nahrungsergänzungsmittel statt über Salz abzudecken, da letzteres als Blutdrucktreiber gilt und von daher für Patientinnen mit Gestose gänzlich ungeeignet ist.

Naturheilkunde

Nicht alle Kräuter, die außerhalb einer Schwangerschaft gegen Bluthochdruck helfen, sind auch für werdende Mütter geeignet. Gerade Kräuter der Traditionellen Chinesischen Medizin, wie etwa

  • Chinesische Engelwurz,
  • Chinesische Spargelwurz,
  • Glockenwindenwurzel
  • oder Schisandrabeeren

dürfen hier keinesfalls ohne explizite Dosierungsanweisungen eines/einer professionellen TCM-Kundigen eingenommen werden. Die Kräuter werden zwar speziell für schwangerschaftsbedingte Blutdruck- und Blutbildungsstörungen verwendet, haben bei Überdosierung aber gefährliche Nebenwirkungen zur Folge.

Deutlich milder wirken hier heimische Frauenkräuter, die standardmäßig als Zutat für Schwangerschaftstees genutzt werden. Hierzu zählen:

  • Anis,
  • Bockshornklee,
  • Fenchel,
  • Gänseblümchen,
  • Granatapfel,
  • Himbeerblätter,
  • Kamille,
  • Knoblauch,
  • Lavendel,
  • Petersilie,
  • Rosmarin,
  • Salbei

Natürlich sollte auch hier stets in Maßen genossen werden, jedoch ist ein genereller Verzehr eher unbedenklich. Kräuter wie Anis, Fenchel, Knoblauch, Rosmarin oder Petersilie können darüber hinaus auch als Zutat für leckere Gerichte verwendet werden und bieten eine würzige Nahrungsergänzung in der Schwangerschaft.

Medikamente

Sollte der Blutdruck einen Wert von 150/100 mmHg übersteigen, wird Sie Ihr Gynäkologe bei Gestose vorsichtshalber in eine Klinik einweisen. Neben der ständigen Überwachung von Kind und Mutter sowie dem Legen eines Blasenkatheters zur ständigen Überprüfung der Eiweißausscheidungen im Harn, ist auch die Infusion blutdrucksenkender Medikamente erforderlich. Genutzt werden hierzu Präparate wie Nifedipin oder Dihydralazin. Gelegentlich kommen auch Betablocker zum Einsatz. Zur Schmerzlinderung ist darüber hinaus mitunter die Einnahme von Aspirin denkbar. Werden schwere Krampfanfälle befürchtet, erfolgt die Zugabe von Magnesiumsulfat.

Einleitung der Geburt

In sehr schweren Fällen einer Schwangerschaftsvergiftung ist die einzige Möglichkeit der Behandlung eine vorzeitige Geburtseinleitung. Ab der 37. Schwangerschaftswoche stellt diese Maßnahme in der Regel kein Problem dar. Eine Einleitung in früheren Schwangerschaftswochen sollte gemeinsam mit der behandelnden Gynäkologin beziehungsweise dem behandelnden Gynäkologen besprochen werden. (ma)

Quelle: Den ganzen Artikel lesen