Angehörige pflegen ist überfordernd und kann teuer werden. Gesundheitswissenschaftler Markus Küffel erklärt Schritt für Schritt, auf was bei der Pflege von Angehörigen zu achten ist.
Ob durch einen Sturz, eine Krankheit oder schlicht das voranschreitende Alter – es gibt viele Gründe, warum Menschen Pflege benötigen. Auf die Angehörigen kommen dann viele Herausforderungen zu: Sie müssen unter anderem klären, wie die Betroffenen künftig versorgt werden und wie diese Betreuung bezahlt wird. Alle diese Aufgaben, die von einem Moment auf den anderen beachtet und erledigt werden müssen, überfordern viele Familien. Daher ist es nicht nur wichtig, dass sich Angehörige frühzeitig informieren, sondern sich wenn notwendig auch Hilfe holen.
Markus Küffel ist Gesundheitswissenschaftler, examinierte Pflegefachkraft und Gründer, sowie Geschäftsführer der Pflege zu Hause Küffel GmbH. Vergangenes Jahr hat er den Pflegeratgeber „24 Stunden Pflege zu Hause − So finden Sie die optimale Betreuung“ im Springer Verlag veröffentlicht.
Pflegebedürftigkeit erkennen und einschätzen
Eine Person gilt nach dem Gesetz (SGB XI) als pflegebedürftig, wenn sie bei alltäglichen Handlungen dauerhaft oder mindestens für die Dauer von sechs Monaten Unterstützung benötigt. Wie stark die notwendige Hilfe ausfällt, unterscheidet sich individuell. Je nachdem in welchem Umfang Pflege- und Betreuungsbedarf besteht, wird der Betroffene einem von fünf Pflegegraden zugeordnet. Wobei der Grad 1 eine geringe Beeinträchtigung darstellt, während es sich beim Grad 5 um einer schwersten Pflegebedürftigkeit handelt.
Um den Pflegegrad zu ermitteln, muss ein Antrag bei der zuständigen Pflegekasse gestellt werden. Anschließend betrachtet ein Gutachter in einem persönlichen Termin bei dem Betroffenen zu Hause sechs Lebensbereiche: Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Gestaltung des Alltags und soziale Kontakte sowie den Umgang mit Krankheit, Therapie und Belastungen. Mithilfe eines Punktesystems erfolgt die anschließende Zuordnung in einen der fünf Pflegegrade. Dieser entscheidet darüber, wie viel Pflegegeld und welche weiteren Leistungen dem Antragsteller künftig zustehen.
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Die Passende Betreuungsform finden
Um Pflegebedürftige in ihrem Alltag zu unterstützen, gibt es unterschiedliche Betreuungsarten. Den meisten Menschen kommt zuerst eine Unterbringung in einem Pflegeheim in den Sinn. Jedoch möchten Senioren besonders im fortgeschrittenen Alter oftmals ihr gewohntes Umfeld nicht verlassen. Mittlerweile bieten sich viele Alternativen an, die es Pflegebedürftigen erlauben, weiterhin ein möglichst eigenständiges Leben zu führen, aber gleichzeitig auch die notwendige Unterstützung zu erhalten.
Die Pflegemodelle
So erfreuen sich ambulante Pflegedienste großer Nachfrage. Bei diesem Modell besuchen Mitarbeiter betroffene Personen je nach Bedarf mehrmals täglich beziehungsweise wöchentlich und unterstützt sie bei diversen Aufgaben, wie zum Beispiel der Körperhygiene, Medikamenteneinnahme oder Aufgaben bei der Hauswirtschaft. Bei einem sehr umfangreichen Betreuungsbedarf reicht diese Option jedoch nicht immer aus.
Eine weitere Alternative stellt daher das betreute Wohnen dar. Betroffene leben hierbei in sogenannten Seniorenresidenzen oder Wohngemeinschaften von privaten oder gemeinnützigen Trägern. Der Vorteil: Bewohner können Hilfe anfordern, wenn sie diese benötigen, sind aber ansonsten weiterhin eigenständig.
Sehr ähnlich funktionieren ambulant betreute Wohngruppen. Bei diesem Modell wohnen die Betroffenen gemeinsam in einer meist barrierefreien Wohnung und können ihren Alltag größtenteils selbst bewältigen. Die Gemeinschaft beauftragt meist gemeinsam eine sogenannte (Pflege-)Präsenzkraft, die sie wenn nötig unterstützt. Wer nicht von zu Hause ausziehen möchte, aber dennoch eine umfangreiche Hilfe benötigt, die nicht vom ambulanten Pflegedienst abgedeckt werden kann, kann auf eine sogenannte 24-Stunden-Pflegekraft zurückgreifen.
Vorteile einer Pflege im häuslichen Umfeld
Bei dem Betreuungskonzept der sogenannten 24-Stunden-Pflege zieht eine meist osteuropäische Betreuungskraft bei der betroffenen Person zu Hause ein. Pflegebedürftige erhalten von ihr bis zu 40 Stunden die Woche Unterstützung bei allen alltäglichen Aufgaben. Neben Hilfe bei der Körperhygiene, Einkaufen oder Arztbesuchen stellt die soziale Komponente bei diesem Modell ebenfalls einen großen Vorteil dar und beugt so der weitverbreiteten Alterseinsamkeit ganz besonders vor.
Interessenten sollten sich allerdings unbedingt an eine seriöse Vermittlungsagentur wenden, da in diesem Bereich viele illegale Angebote existieren. Das wiederum kann zu rechtlichen Problemen mit immensen Folgen für die Familie führen. Kunden sollten sich immer den Nachweis zur Meldung zur Sozialversicherung für die eingesetzten Kräften von den Agenturen vorlegen lassen und darauf achten, dass nach der DIN SPEC 33454 gearbeitet wird. Diese legt einheitliche und objektive Standards fest, die für höhere Versorgungsqualität sowie bessere Arbeitsbedingungen für Betreuungskräfte sorgen und zu mehr Transparenz und Rechtssicherheit bei den Verbrauchern beitragen.
Finanzielle Unterstützung
Pflege, egal in welcher Form, kostet meistens eine Menge Geld. Doch gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie Senioren und auch ihre Angehörigen finanzielle Unterstützung vom Staat erhalten – etwa durch Pflegegeld und -sachleistungen. Die Höhe des Pflegegelds wird anhand des Pflegegrads bestimmt. Ab Grad 2 haben Pflegebedürftige einen monatlichen Anspruch auf etwa 300 Euro, bei Pflegegrad 5 sind es gut 900 Euro. Dieses Geld steht ihnen zur freien Verfügung und sie können es zum Beispiel als Aufwandsentschädigung für pflegende Angehörige oder zur Beschäftigung einer sogenannten 24-Stunden-Kraft benutzen.
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Pflegesachleistungen hingegen sind für die Finanzierung von professioneller Pflege in den eigenen vier Wänden gedacht – also für Dienstleistungen, die durch einen Pflegedienst erbracht werden. Die Betreuung durch eine osteuropäische Kraft darf mit den Sachleistungen nicht finanziert werden. Seit Beginn des Jahres wurden diese Beiträge durch die Pflegereform auf etwa 700 bis 2.000 Euro erhöht. Auch hier bestimmt der Pflegegrad die Höhe des Betrags.
Unterbringung im Heim
Für eine Unterbringung im Heim erhalten Betroffene ebenfalls einen Zuschuss. Als Faustregel gilt: Die Höhe der Beträge für Pflegedienst oder eine stationäre Unterbringen sind etwa doppelt so hoch wie das Pflegegeld. Bei einer Unterbringung in einem Pflegeheim steigt die Unterstützung der Pflegekasse jährlich weiter an. Nach drei Jahren im Pflegeheim erhalten Bewohner immerhin eine Bezuschussung von 70 Prozent. Diese ungleiche Unterstützung zu Gunsten der Pflegeheime sorgt für immer mehr Unmut, da eine Heimunterbringung viel höher mitfinanziert wird und so im Gegensatz zur eigentlichen Maxime der Pflegeversicherung „ambulant vor stationär“ steht. Das zwingt viele Senioren in ein Altersheim zu ziehen, auch wenn sie dies unter Umständen gar nicht wollen. Daher braucht es auch nach der letzten Pflegereform weitere Maßnahmen seitens der Politik, damit eine angemessene Betreuung in eigenen Zuhause auch in Zukunft bezahlbar bleibt.
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