Viele Hebammen in Deutschland müssen sich um mehrere Gebärende gleichzeitig kümmern. Das geht aus zwei Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags hervor. Die Ergebnisse bestätigen den erheblichen Personalmangel und eine hohe Arbeitsbelastung in der Geburtshilfe.
Die Hebammenverbände klagen seit Langem über einen Personalmangel in der Geburtshilfe. Nach Angaben des Deutschen Hebammenverbandes (DHV) fehlten im klinischen Bereich fast 2000 Hebammen.
Studien aus den einzelnen Bundesländern lassen erkennen, dass eine Hebamme teils drei und mehr Frauen betreuen muss. Die medizinischen Fachgesellschaften für die stationäre Geburtshilfe empfehlen jedoch eine Eins-zu-eins-Betreuung.
In Sachsen etwa mussten sich in Intensivschichten 30 Prozent der Hebammen um „mehr als vier Gebärende“ kümmern, wie dem Gutachten zufolge eine Umfrage zeigt. In Bayern hatten nur sechs von 100 Frauen eine Hebamme für sich und ihr Neugeborenes. Um den Betreuungsschlüssel zu verbessern, „fehlten schlichtweg die Hebammen“, heißt es. Kliniken brauchen oft ein halbes Jahr oder noch länger, um freie Stellen zu besetzen.
Jede vierte Hebamme überlegt, den Beruf aufzugeben
Klagen über Überlastung gab es aus allen untersuchten Bundesländern. In Baden-Württemberg berichteten demnach sieben von zehn Hebammen, dass ihre Arbeitszeit in den zurückliegenden fünf Jahren „deutlich oder sehr deutlich“ angestiegen sei. Mehr als die Hälfte der angestellten Hebammen in Sachsen gab an, Frauen nicht so betreuen zu können, wie sie es für richtig hielten. Jede vierte Fachkraft erwäge, deswegen den Beruf aufzugeben.
Die Linken-Politikerin Sabine Zimmermann, die auch Vorsitzende des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend ist, nannte die Ergebnisse „erschreckend“. Seit Jahren sei die deutsche Geburtshilfe unterfinanziert. Zimmermann warnte vor einem Teufelskreis. Hebammen würden händeringend gesucht. Zugleich fehle das Geld für neue Stellen.
Der internationale Vergleich zeigt, dass es auch anders geht: In Norwegen beispielsweise ist die Eins-zu-Eins-Betreuung gesetzlich festgeschrieben und wird bei 60 Prozent der Geburten erreicht. Auch in der Schweiz gilt das Verhältnis 1:1 als Standard, wenngleich er auch dort nicht mehr immer eingehalten wird.
Quelle: Den ganzen Artikel lesen