Virus-Alarm in Baden-Württemberg: Was Bürger jetzt wissen müssen

Neben Nordrhein-Westfalen und Bayern ist Baden-Württemberg am stärksten von der Ausbreitung des Coronavirus betroffen. Schulen, Kitas und Hochschulen müssen wochenlang schließen, das öffentliche Leben ist zum Erliegen gekommen und Veranstaltungen sind abgesagt. Ein Überblick, was die Menschen in Baden-Württemberg jetzt wissen müssen.

Baden-Württemberg schottet sich im Kampf gegen das Coronavirus weiter ab: Erst hat die Landesregierung die Kontrollen an den Grenzen zu Frankreich und zur Schweiz verschärft. Jetzt will sie auch die Flughäfen bis auf weiteres schließen, um das Tempo der Ansteckungen von außen so gut es geht zu bremsen. Reisende aus dem Ausland würden aber noch zurückgeholt, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Montag aus Regierungskreisen in Stuttgart.

Baden-Württemberg ist neben Nordrhein-Westfalen und Bayern das am stärksten von der Ausbreitung des Coronavirus betroffene Bundesland. Bis zum Sonntag waren in Baden-Württemberg bei den dortigen Behörden 977 Infektionen bestätigt. Drei infizierte Menschen sind bisher gestorben.

Bei FOCUS Online erfahren Sie das Wichtigste zu aktuellen Maßnahmen in Baden-Württemberg.

Schulen und Kitas

Wegen der Coronavirus-Pandemie schließt Baden-Württemberg ab Dienstag, 17. März, alle Schulen und Kindertagesstätten bis zum Ende der Osterferien (19. April). Für Kinder von Eltern in systemrelevanten Berufen (etwa Polizei, Feuerwehr, medizinisches und pflegerisches Personal, Lebensmittelproduktion und Infrastruktur) soll es eine Notfallbetreuung geben. Von der Schließung sind sämtliche schulischen Einrichtungen betroffen – also sowohl öffentliche als auch private Schulen.

Mehr zum Thema: Systemrelevante Berufe: Ab wann Eltern Notfallbetreuung nutzen dürfen 

Prüfungen, die in den Zeitraum der Schließung fallen, werden laut Kultusministerium auf die Zeit nach den Osterferien verschoben; beginnend ab Montag, den 16. März, sollen keine Prüfungen mehr an den Schulen stattfinden. Dies gelte für die bislang auf den 2. April terminierten Deutschprüfungen an den Beruflichen Gymnasien und an den Berufsoberschulen aber auch für einzelne Prüfungen des fachpraktischen Abiturs.

Um die Betreuung ihrer Kinder organisieren zu können, dürfen viele Porsche-Mitarbeiter am Dienstag zu Hause bleiben. Ein Sprecher des Autobauers sagte am Montag in Stuttgart, dass die Regelung für Beschäftigte in Baden-Württemberg gelte, die nicht mobil arbeiten können.

Von den Schul- und Kita-Schließungen könnten bis zu 1,6 Millionen Familien und Alleinerziehende mit Kindern betroffen sein. Trotzdem verteidigte die Landesregierung sie als einzig richtige Maßnahme.

Welche Schulen und Kindertagesstätten sind betroffen?

  • Die Schließung betrifft alle Schulen und Kindertageseinrichtungen in Baden-Württemberg unabhängig davon, ob es sich um eine freie oder öffentliche Trägerschaft handelt.

Wie ist die Situation für Lehrkräfte?

  • Für Lehrkräfte besteht weiterhin Dienstpflicht. Bei der Verteilung der Aufgaben sind die Schulleitungen jedoch dazu angehalten, darauf zu achten, dass die anfallenden außerunterrichtlichen Tätigkeiten unter Berücksichtigung der individuellen familiären Situation möglichst gleichmäßig auf alle Lehrkräfte verteilt sind. Dazu gehört auch die Rücksichtnahme auf die Lehrkräfte, die zuhause eigene Kinder aufgrund der Schul- bzw. Kitaschließung betreuen müssen.

Wer hat Anspruch auf eine Notfallbetreuung?

  • Eine Notfallbetreuung an den Schulen und Kindertageseinrichtungen wird für Schülerinnen und Schüler an Grundschulen und der Klassenstufen 5 und 6 an weiterführenden Schulen sowie den entsprechenden Förderschulen eingerichtet, deren Eltern bzw. Erziehungsberechtigte im Bereich der kritischen Infrastruktur arbeiten. Auch für Kindergartenkinder gibt es eine Notfallbetreuung sollten die Eltern in systemrelevanten Berufen beschäftigt sein.

Wie viele Stunden pro Tag umfasst die Notfallbetreuung?

  • Die Notfallbetreuung an den Schulen erstreckt sich auf den Zeitraum des Schulbetriebs sowie einer ggf. ergänzenden Nachmittagsbetreuung  Die Einteilung der Kinder und des beaufsichtigenden Personals obliegt der Schulleitung. Die Gemeinden werden gebeten, zusammen mit den Trägern der Kindertageseinrichtungen die Notfallbetreuung für Kitakinder und Kinder der Kindertagespflege nach gleichen Grundsätzen vor Ort zu gewährleisten.

Mehr Infos sowie die wichtigsten Fragen und Antworten finden sich auch auf der Website des Kultusministeriums.

Universitäten und Fachhochschulen

Auch an den Hochschulen in Baden-Württemberg geht nichts mehr: Der Vorlesungsbetrieb startet für alle Studenten im Land erst nach den Osterferien. Seminare und Vorlesungen beginnen damit frühestens am 20. April. In den meisten Hochschulen für angewandte Wissenschaften hätte der Vorlesungsbetrieb regulär am Montag (16. März) starten sollen, an den meisten Unis im April.

Grenzkontrollen

dpa Grenzkontrollen in Breisach am Rhein

An den baden-württembergischen Grenzen zu Frankreich und zur Schweiz haben am Montagmorgen verschärfte Kontrollen begonnen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen. Berufspendler und Fahrzeuge des Warenverkehrs dürfen weiter die Grenzen überqueren. Die Kontrolleure führen Befragungen durch und könnten bei Hinweisen auf eine Infektion oder auf Kontakt zu Infizierten Reisende zurückweisen. Dabei stimmen sich die Beamten mit den örtlichen Gesundheitsämtern ab.

Bahnverkehr

Die Deutsche Bahn wird in den nächsten Tagen ihren Regionalverkehr in Baden-Württemberg einschränken. Damit reagiert das Unternehmen auf die geringe Zahl an Fahrgästen als Folge der Coronavirus-Krise, wie eine Sprecherin am Sonntag in Berlin sagte. Die Zahl der Züge werde schrittweise an die sinkende Nachfrage angepasst.

Die Bahn erläuterte, man reduziere das Angebot nicht von sich aus. Das Unternehmen sei von einzelnen Aufgabenträgern angesprochen worden, sich mit möglichen Angebotseinschränkungen auseinanderzusetzen. "Die Entscheidung über die veränderten Fahrpläne treffen am Ende die Besteller", fügte ein Sprecher hinzu. Das sind im Bahn-Regionalverkehr die Bundesländer oder Verkehrsverbünde.

Die Zugbegleiter kontrollieren in den Regionalzügen zudem bis auf weiteres die Fahrkarten nicht mehr. Dies geschehe zum Schutz von Fahrgästen und Mitarbeitern, sagte die Bahnsprecherin. Die Schaffner fahren aber weiterhin in den Zügen mit.

Das Verkehrsministerium in Stuttgart steht im Kontakt mit den verschiedenen Bahnunternehmen, inwieweit der Regionalverkehr runtergefahren werden kann oder muss. "Wir bereiten uns darauf vor, das Angebot zu reduzieren, wenn nicht genug Personal zur Verfügung steht", sagte ein Sprecher am Sonntag. Davon betroffen sind folgende Verbindungen:

  • Tübingen – Stuttgart (Neckar-Alb-Bahn) – einzelne Regionalbahnen entfallen
  • Tübingen – Herrenberg (Ammertalbahn) – Züge zu Minute 47 entfallen
  • Metzingen – Bad Urach (Ermstalbahn) – eingestellt, Schienenersatzverkehr wird eingesetzt

Bahn erweitert Kulanz- und Stornobedingungen

  • Die Bahn erweitert wegen der außergewöhnliche Lage auch die Möglichkeiten für die Kunden, ihre Reise zu verschieben oder zu stornieren. Mehr Infos finden Bahn-Kunden hier.
  • Für alle bis zum 13. März erworbenen Tickets mit Reisedaten zwischen 13. März und 30. April könnten Fahrgäste ihre Fahrt verschieben. Zudem können Kunden diese Fahrscheine bis zum 30. Juni flexibel für die gebuchte Strecke nutzen. Bei den rabattierten Sparpreisen und Supersparpreisen ist die Zugbindung aufgehoben.

Auch interessant: Bahn schränkt Regional- und S-Bahn-Verkehr ein: Das müssen Pendler wissen 

Sozialministerium Baden-Württemberg 977 bestätigte Corona-Fälle in Baden-Württemberg (Stand: 15. März 2020, 15:00 Uhr)  

Flugverkehr in Baden-Württemberg

Die Landesregierung will den Betrieb an allen Flughäfen in Baden-Württemberg wegen des Coronavirus einstellen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Montag aus Regierungskreisen in Stuttgart. Reisende aus dem Ausland würden aber noch zurückgeholt. Wer aus einer Krisenregion komme, müsse in Quarantäne. Der Beschluss soll demnach im Laufe der Woche in Kraft treten.

Info-Hotline für Bürger

Für alle Fragen rund um das Coronavirus hat das Regierungspräsidium Stuttgart eine Hotline für ratsuchende Bürgerinnen und Bürger eingerichtet. Diese Hotline unterstützt das  Landesgesundheitsamt im Regierungspräsidium fachlich. Sie erreichen die Mitarbeiter täglich (auch am Wochenende) zwischen 9 und 18 Uhr telefonisch unter 0711 904-39555.

  • Mehr zur Corona-Krise lesen Sie im News-Ticker von FOCUS Online.

Veranstaltungen in Baden-Württemberg abgesagt

In Baden-Württemberg sind Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern verboten. Zudem werden wegen des Coronavirus öffentliche Veranstaltungen mit mehr als 100 Teilnehmern in geschlossenen Räumen untersagt. Das kündigte Ministerpräsident Wilfried Kretschmann (Grüne) am Freitag in Stuttgart an. Das betrifft unter anderem folgende Events:

  • Stuttgarter Frühlingsfest abgesagt
  • Reitturnier auf dem Mannheimer Maimarkt abgesagt
  • Bildungsmesse Didacta (24. bis 28. März) in Stuttgart verschoben
  • Bachwoche (13. bis 21. März) in Stuttgart abgesagt
  • Radio Regenbogen Award (3. April) im Europa-Park Rust abgesagt
  • Aqua-Fisch (6. bis 8. März) und Frühjahrsmesse IBO (18. bis 22. März) in Friedrichshafen verschoben
  • Nationaltheater gibt nicht alle rund 1200 Sitzplätze ihres Opernhauses in den Verkauf, um unter der empfohlenen Höchstgrenze zu bleiben.

Weitere Maßnahmen und Einschränkungen in Baden-Württemberg

In Stuttgart müssen auf Anordnung der Stadt sämtliche Clubs, Bars, Museen, Kinos oder Bäder geschlossen bleiben. Auch Städte wie Karlsruhe, Mannheim und Heilbronn sprachen umfassende Verbote aus. Größere Veranstaltungen in geschlossenen Räumen sind ohnehin landesweit untersagt. Busse und Bahnen fahren weiter, auch der Einzelhandel und Restaurants dürfen öffnen. Besuche in Alten- und Pflegeheimen sowie Krankenhäusern sind dagegen landesweit weitgehend verboten. Die Spielbanken in Baden-Baden, Konstanz und Stuttgart sind dicht. Die Staatsoper Stuttgart spielt nur noch digital, das Staatstheater in Karlsruhe gar nicht mehr.

dpa

  • Auch das Festspielhaus in Baden-Baden sagte alle Veranstaltungen der nächsten Wochen einschließlich der Osterfestspiele ab.
  • Die Landes-SPD sagte am Wochenende sämtliche Veranstaltungen bis Ende April ab. Die Evangelische Landeskirche in Württemberg empfahl ihren Gemeinden, vorerst auf Gottesdienste zu verzichten.
  • Die Staatsoper Stuttgart weicht während der Zwangspause wegen des Coronavirus auf die digitale Bühne aus. Weil bis zum 19. April alle Vorstellungen der Staatstheater Stuttgart abgesagt worden seien, werde über die Internetseite kostenlos ein digitales Opernprogramm angeboten, teilte das Haus am Freitag mit.
  • Um das Virus einzudämmen, hat der Württembergische Landessportbund seinen Mitgliedsvereinen empfohlen, den Trainingsbetrieb bis zum Ende der Osterferien auszusetzen.

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