In Niedersachsen haben sich Vertreter der freien Heilberufe zusammengetan und einen gemeinsamen Notruf formuliert. Apotheker, Ärzte und Zahnärzte kritisieren „faktische Minusrunden“ und fordern eine „tragfähige Finanzierung“.
Das Gesundheitssystem wird an die Wand gefahren – mit dieser Botschaft wendeten sich im Oktober Vertreter:innen der freien Heilberufe in Berlin an die Öffentlichkeit und auch an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Gesundheitspolitik, die nicht am Versorgungsalltag der Bevölkerung orientiert ist, ein Bundesgesundheitsminister, mit dem Dialog auf Augenhöhe unmöglich sei – das waren damals neben der chronischen Unterfinanzierung der ambulanten Versorgung die wichtigsten Themen.
Nun haben die niedergelassenen Ärzt:innen, Zahnärzt:innen und Apotheker:innen in Niedersachsen einen gemeinsamen Notruf abgesetzt. In Hannover formulierten sie „fünf klare Forderungen an die Regierenden in Bund und Land“:
- „Retten Sie die Apotheken und Praxen aus den faktischen Minusrunden und sorgen Sie für eine tragfähige Finanzierung, die auch in der niedersächsischen Gesundheitsversorgung insbesondere Inflation und Kostensteigerungen unmittelbar berücksichtigt!
- Stärken Sie die Aus- und Weiterbildung! Diese muss – um medizinisch, technisch und pharmazeutisch auf dem aktuellen Stand zu sein – schwerpunktmäßig dort stattfinden, wo Fachkräfte gebraucht werden!
- Schnüren Sie das angekündigte Bürokratieabbaupaket, damit wieder die Versorgung der Patientinnen und Patienten im Vordergrund steht und nicht der „Papierkram“!
- Sorgen Sie für Gesetze, die langfristig die Lieferengpässe von Medikamenten verhindern!
- Digitalisierung allein löst keine bestehenden Versorgungsprobleme. Sorgen Sie für nutzerfreundliche und funktionstüchtige Technik sowie die entsprechende Finanzierung, und belassen Sie die Datenhoheit in der Patientenversorgung in den Händen von Zahnärztinnen und Zahnärzten, Ärztinnen und Ärzten und Apothekerinnen und Apothekern!“
Der Vorstandsvorsitzende des Landesapothekerverbands Niedersachsen, Berend Groeneveld, kritisierte die „Einsparungen der Bundesregierung zu Lasten der rund 1.700 niedersächsischen Apotheken sowie das seit zehn Jahren stagnierende Honorar bei stark gestiegenen Kosten“. Er forderte, dass das Apothekenhonorar angepasst und dynamisiert wird. Zudem soll die Zahl der Studienplätze für angehende Apotheker:innen, sowie der Ausbildungsplätze für Pharmazeutisch-technische Assistent:innen und Pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte erhöht werden.
Ärzt:innen und Mitarbeiter:innen „erschöpft und ausgebrannt“
Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN), Mark Barjenbruch, forderte „ein sofortiges Umdenken der Politik“. Ansonsten sei „die Zukunft der ärztlichen Versorgung der Patientinnen und Patienten ernsthaft in Gefahr“. Die gesetzlich vorgegebene Bedarfsplanung werde den Bedürfnissen in der Bevölkerung nicht mehr gerecht. „Lange Wartezeiten auf Termine und längere Anfahrtswege für die Patientinnen und Patienten sind die Folge“, so Barjenbruch.
„Der Fachkräftemangel ist deutlich spürbar, die Belastung der Beschäftigten und die chronische Unterfinanzierung des Sektors haben ihre Grenzen erreicht. Die Ärztinnen und Ärzte und vor allem auch ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind erschöpft und ausgebrannt, wütend und enttäuscht. Die Stimmung in den Praxen ist noch nie so angespannt gewesen“, betont der KVN-Vorsitzende.
Quelle: Den ganzen Artikel lesen