Krebs, insbesondere der an der Bauchspeicheldrüse, gilt als schwere, lebensbedrohliche Krankheit. Besser werden die Heilungschancen jedoch, je früher dieser erkannt wird. Wie Harvard-Forscher jetzt herausfanden, könnte eine Künstliche Intelligenz dabei helfen.
Bauchspeicheldrüsenkrebs zählt zu den gefährlichsten Krebsarten. Besonders tückisch macht die Krankheit, dass die Warnsignale dafür oft bis zuletzt ausbleiben. Das erschwert die Früherkennung und verschlechtert die Heilungs- und Überlebenschancen.
Während die Überlebensraten bei den meisten Krebsarten in den letzten Jahren deutlich angestiegen sind, liegt sie bei den Pankreas-Patienten fünf Jahre nach der Diagnose immer noch bei nur acht Prozent. Die mittlere Lebenserwartung beträgt nach der Diagnose nur zwei bis drei Jahre, oft bleiben den Patienten nur Monate.
KI erkennt Bauchspeicheldrüsenkrebs Jahre vor Diagnose
Eine neue Entdeckung, die Forscher der Harvard Medical School und der Universität Kopenhagen jetzt machten, könnte diese erschreckende Quote jedoch verbessern. Den Wissenschaftlern ist es gelungen, mithilfe einer Künstlichen Intelligenz (KI) Menschen mit dem höchsten Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs ausfindig zu machen – und das bis zu drei Jahre vor der Diagnose. „KI sagt zukünftigen Bauchspeicheldrüsenkrebs voraus“, titelt die Harvard Medcial School ihre Mitteilung zur Studie. Dafür benötige das Modell lediglich die Krankendaten der Patienten.
Insgesamt analysierte das Team die Krankheitsgeschichten von neun Millionen Menschen: Sechs Millionen davon aus Dänemark, drei Millionen aus den USA. Die Forscher „baten“ das KI-Modell, anhand der in den Aufzeichnungen enthaltenen Daten nach verräterischen Zeichen zu suchen.
Das Modell konnte dann vorhersagen, welche Patienten in Zukunft wahrscheinlich an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkranken werden. Bemerkenswert sei, schreiben die Forscher, dass viele der Symptome nicht direkt mit der Bauchspeicheldrüse in Zusammenhang standen oder von ihr herrührten.
KI stellt deutlich genauer fest, wer an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt als die Schätzungen
Die Forscher testeten verschiedene Versionen der KI-Modelle auf ihre Fähigkeit, Menschen mit erhöhtem Risiko für die Entwicklung einer Krankheit innerhalb verschiedener Zeitskalen – 6 Monate, ein Jahr, zwei Jahre und drei Jahre – zu erkennen.
Insgesamt war jede Version des KI-Algorithmus bei der Vorhersage, wer an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkranken würde, wesentlich genauer als aktuelle bevölkerungsweite Schätzungen der Krankheitsinzidenz – definiert als die Häufigkeit, mit der sich eine Erkrankung in einer Bevölkerung über einen bestimmten Zeitraum entwickelt.
Die Forscher sagten, dass sie glauben, dass das Modell bei der Vorhersage des Auftretens von Krankheiten mindestens genauso genau ist wie aktuelle genetische Sequenzierungstests, die normalerweise nur für eine kleine Untergruppe von Patienten in Datensätzen verfügbar sind. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im renommierten Fachblatt „Nature Medicine“ .
„Könnte großen Beitrag leisten“
Derzeit gebe es keine bevölkerungsbasierten Instrumente für ein umfassendes Screening auf Bauchspeicheldrüsenkrebs, heißt es dort. Personen mit einem familiären Risiko und bestimmten genetischen Mutationen, die sie für Bauchspeicheldrüsenkrebs prädisponieren, würden zwar gezielt untersucht. Bei solchen gezielten Screenings könnten jedoch andere Fälle übersehen werden, die außerhalb dieser Kategorien fallen, so die Forscher.
„Eine der wichtigsten Entscheidungen, mit denen Ärzte täglich konfrontiert werden, ist, wer einem hohen Risiko für eine Krankheit ausgesetzt ist und wer von weiteren Tests profitieren würde, was auch invasivere und teurere Verfahren bedeuten kann, die ihre eigenen Risiken bergen“, sagte Studienkoordinator und leitender Forscher Chris Sander von der Harvard Medical School. „Ein KI-Tool, das sich auf diejenigen mit dem höchsten Risiko für Bauchspeicheldrüsenkrebs konzentrieren kann, die am meisten von weiteren Tests profitieren könnten, könnte einen großen Beitrag zur Verbesserung der klinischen Entscheidungsfindung leisten.“
In großem Maßstab angewendet, fügte Sander hinzu, könnte ein solcher Ansatz die Erkennung von Bauchspeicheldrüsenkrebs beschleunigen, zu einer früheren Behandlung führen, die Ergebnisse verbessern und die Lebensspanne der Patienten verlängern.
Das sind Risikofaktoren für Bauchspeicheldrüsenkrebs
Lebensstil : Rauchen, Übergewicht, fett- und fleischreiche Ernährung, übermäßiger Alkoholkonsum sind Risikofaktoren für Krebs der Bauchspeicheldrüse. Der Zusammenhang ist aber nicht ganz so eindeutig wie bei Rauchen und Lungenkrebs. Im Umkehrschluss sollten Sie auf Alkohol und Nikotin verzichten und auf eine ausgewogene Ernährung achten, etwa nach dem Vorbild der Mittelmeerdiät.
Entzündung : Deutlich ist der Einfluss einer chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung auf das Risiko für das Pankreaskarzinom.
Diabetes : Die Zuckerkrankheit ist kein direkter Vorläufer eines Pankreaskarzinoms, so wie es beispielsweise Polypen für Darmkrebs sind. Aber oft geht Diabetes der Krebsdiagnose kurz voraus. In einem Interview mit der Welt sagte Volker Ellenrieder, Direktor der Klinik für Gastroenterologie und Endokrinologie der Universitätsmedizin Göttingen, dass Diabetes vielleicht sogar ein Früherkennungsmerkmal sein könnte. Man habe festgestellt: Wenn Pankreaskrebs bei einem Patienten mit Mitte 50 diagnostiziert werde, dann habe er oft wenige Jahre zuvor bereits die Diagnose Diabetes bekommen.
Veranlagung : Genetische Faktoren spielen eine Rolle, vor allem erbliche Formen der chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung. Sind ein bis zwei nahe Verwandte an einem Pankreaskarzinom erkrankt, macht eine ärztliche Beratung Sinn.
Fehlende Früherkennung : Eine Art Risikofaktor ist auch die Tatsachen, dass es keine Früherkennungsmethoden für Bauchspeicheldrüsenkrebs gibt, anders als etwa bei Brust- oder Darmkrebs. Hier setzt die Forschung in Zukunft auf Bluttests („liquid biopsy“). Doch bisher ist kein Ansatz so ausgereift, dass sich im Blut eine zuverlässige frühe Krebserkennung ablesen lässt.
So macht sich Bauchspeicheldrüsenkrebs bemerkbar
In frühen Krankheitsstadien verursacht Bauchspeicheldrüsenkrebs keine oder nur unspezifische Beschwerden wie Appetitlosigkeit oder ein Druckgefühl im Oberbauch , die auch andere Ursachen haben können. Auch anhaltende Rückenschmerzen , die sich nicht durch Verspannungen oder Fehlhaltungen erklären lassen, können ein Hinweis sein.
Deutliche Symptome wie
- starke Schmerzen
- deutlicher Gewichtsverlust oder
- Gelbsucht
treten erst auf, wenn die Erkrankung schon weiter fortgeschritten ist.
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