Krankenkassen fordern Verzichtserklärungen von Apotheken

Viele Apotheken erhalten in diesen Tagen Post von Krankenkassen, die sie zur Mitwirkung in einer steuerlichen Angelegenheit auffordern. Die Einschätzungen der steuerlichen Sachlage sind widersprüchlich. Die Empfehlungen von verschiedenen Seiten unterscheiden sich. Zudem kann die Situation davon abhängen, inwieweit die Umsatzsteuerbescheide der jeweiligen Apotheke noch änderbar sind. Die kurzen Fristen vor dem Jahresablauf sorgen für zusätzlichen Druck.

Die Krankenkassen fordern die Apotheken in ihren Schreiben auf, auf die Einrede der Verjährung zur Umsatzsteuer zu verzichten und bei ihren Finanzämtern Einspruch gegen Umsatzsteuerbescheide einzulegen. Die ersten Schreiben kamen bereits im November von der IKK gesund plus und der AOK Sachsen-Anhalt. Kürzlich wurden ähnliche Schreiben der AOK Niedersachsen und der AOK Hessen bekannt. Bei der AOK Niedersachsen geht es um das Jahr 2015, bei der AOK Hessen um die Jahre 2014 und 2015. Da die Verjährung droht, setzen die Krankenkassen sehr knappe Fristen, die noch in dieser Woche enden.

Umsatzsteuer auf Herstellerabschlag

Dabei geht es um mögliche Umsatzsteuererstattungsansprüche der Krankenkassen wegen der Herstellerabschläge. Die Krankenkassen gehen davon aus, dass sich die von ihnen zu zahlende Umsatzsteuer auf den Verkaufspreis der Arzneimittel abzüglich des gesetzlichen Apothekenabschlags bezieht. Bei der Erstattung des Herstellerabschlags würde dagegen die Umsatzsteuer nicht berücksichtigt. Dahinter steht die Sichtweise, dass der Herstellerabschlag steuerlich als Entgelt eines Dritten betrachtet wird, das die Umsatzsteuer nicht mindert. Doch einzelne Urteile haben die Hoffnung der Krankenkassen genährt, dass sich diese Sicht ändern könnte.

Urteile motivieren Krankenkassen

So entschied der Europäische Gerichtshof im Dezember 2017, dass der Pharmahersteller Boehringer Ingelheim die steuerliche Bemessungsgrundlage seiner Lieferung an den Großhandel um den Herstellerrabatt mindern durfte, den Boehringer Ingelheim einer privaten Krankenversicherung gewährt hatte. Außerdem entschied das Finanzgericht Münster im März 2018 zugunsten einer Krankenkasse, dass beim innergemeinschaftlichen Erwerb von einer ausländischen Versandapotheke der Herstellerabschlag nicht in die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage eingehen müsse. Allerdings stellt sich die Frage, ob dieses erstinstanzliche Urteil vor dem Bundesfinanzhof Bestand haben wird. Außerdem betrifft es einen grenzübergreifenden Sachverhalt. Damit ist zu fragen, ob diese Entscheidung in einem weiteren Verfahren auf Vorgänge im Inland übertragen wird. Dies ist nicht vorhersehbar, aber offenbar wollen einige Krankenkassen diesen Klageweg beschreiten.

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