Corona-Pandemie: Wie erfolgreich sind die Maßnahmen gegen das Virus? – Naturheilkunde & Naturheilverfahren Fachportal

COVID-19: Analyse zeigt deutlich die Wirkung der unterschiedlichen Corona-Maßnahmen

Kontaktverbote, Ausgehbeschränkungen, geschlossene Kitas und Schulen: Seit Mitte März galten beziehungsweise gelten in Deutschland drastische Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie. Doch was wird damit erreicht? Das zeigen Simulationen eines Forschungsteams.

Erst kürzlich hat das Bundesverfassungsgericht die Verlängerung der Corona-Maßnahmen abgelehnt. Viele Menschen hierzulande werden dieses Urteil begrüßen, denn laut einer Umfrage werden manche der Maßnahmen, wie das Kontaktverbot, immer häufiger in Frage gestellt. Was soll so ein Vorgehen überhaupt bringen, fragen sich einige. Forschende haben darauf eine Antwort.

COVID-19-Fallzahlen im Hinblick auf die Maßnahmen analysiert

Mitte März wurden zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die weitere Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 möglichst einzudämmen. Seitdem ist das öffentliche Leben in Deutschland stark eingeschränkt.

Nach dem erfreulichen Rückgang der COVID-19 Neuerkrankungen gewinnt auch die Debatte über die Wirksamkeit der bisher getroffenen Maßnahmen sowie über weitere Lockerungen immer mehr an Fahrt.

Laut einer aktuellen Mitteilung ist es Forschenden vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation (MPIDS) sowie der Universität Göttingen nun gelungen, die deutschen COVID-19 Fallzahlen im Hinblick auf die Maßnahmen zu analysieren und daraus Szenarien für die kommenden Wochen abzuleiten.

Die Computermodelle der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler könnten auch Einblicke in die Effektivität der Maßnahmen in anderen Ländern liefern. Ihre Ergebnisse wurden in dem Fachmagazin „Science“ veröffentlicht.

Wie gut haben die Maßnahmen gewirkt und wie geht es weiter?

Viele Menschen treibt derzeit die Frage um, wie gut die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in den vergangenen Wochen gewirkt haben, und wie es in den kommenden Wochen weitergehen wird.

Diesen Fragen sind auch Forschende des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation nachgegangen. Das Team simuliert seit Mitte März gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Göttingen Campus den Verlauf der Corona-Epidemie in Deutschland.

Die Forschenden setzen in ihren Modellrechnungen die nach und nach greifenden Beschränkungen des öffentlichen Lebens im März mit der Entwicklung der COVID-19 Fallzahlen in Bezug.

Insbesondere haben sie die Wirkung der drei Maßnahmenpakete im März untersucht: Die Absagen großer öffentlicher Veranstaltungen um den 8. März, die Schließungen von Bildungseinrichtungen und vielen Geschäften am 16. März sowie die weitreichende Kontaktsperre am 22. März.

Dazu kombinierten die Fachleute Daten über den zeitlichen Verlauf der COVID-19 Neuerkrankungen mit einem Modell für Epidemiedynamik, das es erlaubt, den bisherigen Pandemieverlauf zu analysieren und Szenarien für die Zukunft zu untersuchen.

Starke Trendwende festgestellt

Laut den Computermodellen haben die Maßnahmenpakete die COVID-19 Ausbreitung zunächst gebremst und das gefürchtete exponentielle Wachstum schließlich gebrochen.

„Unsere Analyse zeigt deutlich die Wirkung der unterschiedlichen Maßnahmen, die letztendlich gemeinsam eine starke Trendwende gebracht haben“, erklärt Viola Priesemann, Forschungsgruppenleiterin am MPIDS.

„Unsere Modellrechnungen zeigen uns damit insgesamt den Effekt der Verhaltensänderung der Menschen, die mit den Maßnahmen einhergeht“, fügt Michael Wilczek, ebenfalls Forschungsgruppenleiter und Mitautor der Studie, hinzu.

Computermodell auf andere Länder übertragbar

Die Göttinger Forschenden hatten bei ihrer Arbeit aber nicht nur Deutschland im Blick.

„Wir haben unser Computermodell von Anfang an so entworfen, dass es auf andere Länder und Regionen übertragbar ist. Unsere Analysewerkzeuge sind auf GitHub frei zugänglich und werden schon jetzt von Forschenden auf der ganzen Welt benutzt und weiterentwickelt“ so Jonas Dehning, Erstautor der Studie.

Das Göttinger Team arbeitet derzeit daran, das Modell auf Europäische Länder anzuwenden. Dabei gilt es insbesondere, die unterschiedlichen Zeitpunkte der Maßnahmen in den verschiedenen Ländern herauszuarbeiten, was Rückschlüsse auf die Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen zulassen könnte.

Sorgen wegen zweiter Welle

Die Deutschlandanalyse der Göttinger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der Grundlage der Fallzahlen bis zum 21. April deutete insgesamt eine positive Entwicklung für die kommenden Wochen an.

Ihre Analyse offenbart aber auch eine zentrale Herausforderung bei der Einschätzung der Epidemiedynamik: Änderungen in der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus schlagen sich erst mit erheblicher Verzögerungen in den COVID-19 Fallzahlen nieder.

„Die ersten Effekte der Lockerungen vom 20. April sehen wir erst seit Kurzem in den Fallzahlen. Und bis wir die Lockerungen vom 11. Mai bewerten können, müssen wir ebenfalls zwei bis drei Wochen warten“, erläutert Michael Wilczek.

Deswegen beobachten die Forschenden die Situation weiterhin ganz genau. Sie werten täglich die neuen Fallzahlen aus, um abzuschätzen, ob eine zweite Welle zu erwarten ist.

Unterschiedliche Szenarien

Zudem zeigt das Göttinger Team mit drei verschiedene Modellszenarien, wie sich die Anzahl der Neuerkrankungen weiter entwickeln könnte. Falls sich mit den Lockerungen vom 11. Mai die Ansteckungsrate verdoppeln sollte, ist mit dem Start einer zweiten Welle zu rechnen.

Wenn die Ansteckungsrate stattdessen etwa denselben Wert wie die Genesungsrate annimmt, bleibt die Anzahl täglicher Neuinfektionen etwa konstant. Es besteht jedoch immer die Gefahr einer neuen Welle.

Laut Viola Priesemann sei es aber auch möglich, dass die Anzahl der Neuinfektionen weiter zurückgeht.

„Wenn alle Personen weiterhin sehr vorsichtig sind, und die Kontaktnachverfolgung durch die Gesundheitsämter effektiv greift, und gleichzeitig alle neuen Infektionsherde früh aufgespürt und eingedämmt werden, dann können die Fallzahlen weiterhin sinken“, sagt die Göttinger Physikerin.

„Wie genau sich die Zahlen in Zukunft entwickeln, hängt also entscheidend von unserem Verhalten, dem Einhalten von Abstandsempfehlungen und den Hygienemaßnahmen ab,” so die Wissenschaftlerin. (ad)

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