Fünf Monate isolierte sich Muzaffer Kayasan allein zu Hause
Als Muzaffer Kayasan Ende 2020 an Covid-19 erkrankte, dachte er, er würde auf jeden Fall sterben. Der 56-Jährige hat Leukämie, sein Immunsystem ist stark geschwächt und er zählt zu den Hochrisikopatienten für einen schweren Covid-19-Verlauf. 14 Monate und 78 positive Coronatests später ist Kayasan immer noch am Leben – und das Virus in ihm ebenso.
Kayasan habe die bislang längste bekannte Covidinfektion der Türkei, sagen seine Ärzte laut der Nachrichtenagentur Reuters. Der Grund dafür liege möglicherweise an seinem geschwächten Immunsystem. Wegen der andauernden Infektion könne Kayasan gemäß den türkischen Impfregeln keine Impfung erhalten. Diese besagen, dass Patienten sich erst nach einem negativen Testergebnis impfen lassen können. Kayasan, der seit der Infektion seinen Geruchs- und Geschmackssinn verloren hat, hat sich bereits an die Behörden gewandt und darum gebeten, in seinem Fall wenigstens die Quarantäneregeln zu lockern.
Seine behandelnde Ärztin, Serap Simsek Yavuz von der Universität von Istanbul, sagte, Kayasan werde eng auf das Risiko einer mutierten Variante überwacht. Sein Fall sei mit 441 Tagen am Stück der längste, den sie jemals beobachtet hätten. Die Ärzte vermuten demnach, dass sein Immunsystem durch den Krebs so geschwächt ist, dass es nicht gegen das Virus ankommt.
Ob ihm eine Impfung helfen könnte, ist fraglich. Daten der Leukämie-Gesellschaft Leukemia & Lymphoma Society zeigen, dass ein Viertel der Erkrankten selbst nach zwei Dosen einer Impfung keine nachweislichen Antikörper produzieren. Coronapatienten mit einem geschwächten Immunsystem, etwa durch eine Krankheit, haben zudem ein hohes Risiko für eine sehr lange Infektion mit Covid-19.
Muzaffer Kayasan kann nur durch eine Glastür mit seiner Enkelin sprechen
Seit November 2020 muss Kayasan immer wieder ins Krankenhaus. Dennoch hat er seinen Sinn für Humor behalten: »Ich glaube, es ist die weibliche Version von Covid – sie ist von mir besessen«, scherzte er laut Reuters nach seiner letzten Untersuchung, als sein Test erneut positiv ausfiel.
Insgesamt neun Monate verbrachte er im Krankenhaus, fünf weitere Monate isolierte er sich allein zu Hause. Mit seiner Enkelin Azra kann er nur durch die Glasscheibe seiner Hintertür sprechen, wenn sie ihn besuchen kommt. »Ich spiele mit dir, wenn ich wieder gesund bin«, versprach er ihr. Sein Sohn Gokhan sagt, sein Vater sei immer eine positive Person gewesen – nur nicht auf diese Weise. »Wir haben ihm immer wieder gesagt, wie positiv er ist, bis er coronapositiv getestet wurde und nicht mehr negativ wird«, sagt Gokhan Kayasan. »Er sagt, er steckt an der roten Ampel fest und kommt nicht weiter.«
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