Nach der Anhörung im Bundestag: So geht es weiter mit der Pflege-Petition

Eine Stunde. So viel Zeit hat Bernhard Albrecht an diesem Nachmittag in Berlin. Der Arzt und Redakteur des stern hat unsere Petition für eine "Pflege in Würde" mit ins Leben gerufen, 328.221 Menschen haben sie online oder auf Papier unterschrieben, nun muss Albrecht die Abgeordneten des Petitionsausschusses überzeugen.

Es geht um einen Systemwechsel, um ein Ende des Profitdenkens, damit sich die Lage in Heimen und Krankenhäusern grundlegend bessert. Viele Pflegekräfte wünschen nichts mehr, als ihren Beruf würdevoll ausüben zu können. Aus der Petition könnte ein Gesetzentwurf entstehen, vielleicht eine Reform. Wenn es gut läuft. Das ist der Plan.

Fakten und Forderungen in sieben Minuten

Montag, 1. März, kurz vor 14 Uhr. Vor dem Saal 4.900 im Paul-Löbe-Haus sammeln sich die Besucher. Albrecht bespricht sich mit seiner Mitstreiterin Bernadette Klapper von der Robert Bosch Stiftung, als sich ein gläserner Aufzug öffnet. Jens Spahn tritt heraus. Dass der Gesundheitsminister zu solchen Anhörungen erscheint, ist nicht die Regel. Doch das Thema Pflege ist ihm offenbar wichtig.

Spahn, blauer Anzug, weißes Hemd, Krawatte, läuft direkt in den Saal. Es geht los. Zu Beginn trägt Albrecht die Anliegen vor. Sieben Minuten lang. Er erinnert an den Fall des 34-jährigen Sven Lehmann, der an einer Herzmuskelentzündung gestorben ist, weil die Nachtschwester allein auf der Station war. Er spricht über Altenpfleger, die sofort erkennen, ob jemand einen Schlaganfall erlitten hat und Hilfe benötigt. Er schildert, dass in Deutschland eine Krankenpflegekraft 13 Patienten versorgen muss, mehr als in jedem vergleichbaren Land. Er fordert einen Personalschlüssel, der sich am echten Bedarf orientiert, höhere Gehälter, bessere Karrierechancen und ein Ende des Krankenhaus-Abrechnungssystems nach Fallpauschalen.

Routine des Gesundheitsministers

Fast alle Parlamentarier loben die stern-Petition, der Abgeordnete Harald Weinberg von der Linken nennt sie sogar einen "kollektiven Hilferuf". Sie stellen aber auch kritische Fragen. An Albrecht, aber auch an den Minister. Wie er die Missstände abbauen wolle? Wann es mehr Personal gebe? Wie er die Pflegekonzerne in Schach halten wolle?

Jens Spahn verweist routiniert auf erfolgreiche Reformen. Man habe viel erreicht, das Berufsbild verbessert, die Mindestlöhne angehoben, Modellprojekte bezahlt, und er wolle 13.000 Altenpflegefachkräfte zusätzlich finanzieren (wovon bis heute nur etwa 3600 eingestellt sind). Das Ganze sei ein Prozess, der Zeit brauche, sagt der Minister. "Wir glauben mit dem vollen Wasserstrahl auf die Probleme zu zielen, doch die Pflegekräfte sehen einen Tropfen auf dem heißen Stein."

So geht es weiter:

Wie es mit den Forderungen weitergeht, entscheiden die Parlamentarier in den nächsten vier Wochen. Sie könnten die Petition beenden, also in den Papierkorb werfen. Sie könnten aber auch ein "Berücksichtigungsvotum" beschließen. Dann müsste die Regierung sich mit den Inhalten der Petition beschäftigen und Stellung beziehen.

Dass Bewegung in die Pflege kommen wird, macht Spahn am Ende deutlich. Der Gesetzentwurf für seine Pflegereform "ist im Grunde fertig", sagt er. Spahn will den Eigenanteil von Heimbewohnern deckeln, die derzeit über 2000 Euro im Monat zuzahlen müssen. Und: Heime sollen nur noch dann Geld von der Pflegeversicherung erhalten, wenn sie Tariflöhne zahlen. Bernhard Albrecht freuen die Worte des Ministers, weil es ein Erfolg für die Pflege wäre. Die Stunde im Parlament hat sich gelohnt.

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