Infektionen mit dem Coronavirus verlaufen bei Kindern überwiegend mild. Doch nun häufen sich in einigen Ländern Berichte, dass Kinder an einem seltenen entzündlichen Syndrom erkranken – Mediziner vermuten dahinter eine Komplikation nach einer Corona-Infektion.
Die Weltgesundheitsorganisation will nun den möglichen Zusammenhang näher untersuchen. Es gebe erste Berichte darüber, dass jüngste Fälle der Kinderkrankheit mit dem Coronavirus in Verbindung stünden, sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Freitag. Er forderte Mediziner in aller Welt dazu auf, mit der WHO und den nationalen Gesundheitsbehörden zusammenzuarbeiten um das Syndrom „besser zu verstehen“.
Ansteckung, Verbreitung, Todesfälle
Covid-19 und das Kawasaki-Syndrom: Wie gefährlich das Coronavirus für Kinder ist
Erstmals hatten Ärzte in Großbritannien im April auf das multi-entzündliche Syndrom bei Kindern hingewiesen. Zu den bekannten Symptomen zählen Fieber, Entzündungen an mehreren Organen, Hautveränderungen, sowie eine bestätigte Coronavirus-Infektion. Das Syndrom trägt das Kürzel MIS-C und weist Ähnlichkeiten mit dem seltenen, aber lange bekannten Kawasaki-Syndrom auf. Dabei handelt es sich um eine Entzündung der mittleren und kleineren Arterien, die zu schmerzhaften Schwellungen am Körper führt. Gegen das Kawasaki-Syndrom gibt es bewährte anti-entzündliche Therapien. Nach einer stationären Behandlung heilt es meist ohne Komplikationen aus.
Mehr als 100 Kinder in New York erkrankt
Am Freitag meldete ein Krankenhaus in Marseille den ersten Todesfall durch das neuartige Syndrom in Frankreich. Ein Neunjähriger sei infolge „neurologischer Schäden im Zusammenhang mit einem Herzstillstand“ gestorben, sagte der zuständige Arzt Fabrice Michel der Nachrichtenagentur AFP. Insgesamt wurden aus Frankreich seit Anfang März 135 Fälle des Syndroms gemeldet. Die Patienten waren zwischen einem und 14 Jahre alt. Das entzündliche Syndrom wurde auch bei mehr als hundert Kindern in New York nachgewiesen. In der Metropole hatte sich das Coronavirus besonders stark ausgebreitet. Drei von ihnen starben.
WHO-Chef Ghebreyesus betonte, es sei von höchster Wichtigkeit, das neuartige Syndrom genau zu beschreiben, die Auslöser der Krankheit zu ergründen und Behandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.
Die US-Gesundheitsbehörde CDC forderte Krankenhäuser, in denen Minderjährige mit Symptomen von MIS-C behandelt werden auf, die Fälle zu melden. Die CDC-Experten appellierten an Ärzte, bei Todesfällen von Kindern, die nachweislich mit dem neuartigen Coronavirus infiziert waren, eine MIS-C-Erkrankung zu erwägen. Es sei bislang aber nicht gesichert, dass das Syndrom nur bei Kindern auftreten könne.
Corona: Kinder erkranken vier bis sechs Wochen nach der Infektion
Der Kinderarzt Sunil Sood an der Cohen-Kinderklinik in New York sagte der Nachrichtenagentur AFP, rund die Hälfte der jungen Patienten mit MIS-C in seiner Klinik hätten wegen Herzmuskelentzündungen auf die Intensivstation verlegt werden müssen. Bei anderen Kindern habe die Krankheit dagegen einen milden Verlauf genommen.
In den meisten Fällen sei das Syndrom vier bis sechs Wochen nach einer Coronavirus-Infektion aufgetreten. In der Regel hatten die Kinder demnach bereits Antikörper gegen den Erreger Sars-CoV-2 entwickelt. Sood sprach von einer „verspäteten und übersteigerten Immunabwehrreaktion“ des Körpers.
Bislang wurden Fälle des Syndroms nur aus Europa und Nordamerika gemeldet. In Deutschland sind Berichten zufolge zehn Kinder und Jugendliche erkrankt, keines davon starb. In Asien wurden dagegen bislang keine MIS-C-Fälle registriert. Einige Mediziner vertreten die These, dass manche Bevölkerungsgruppen genetisch anfälliger für das Syndrom seien als andere. Wissenschaftlich belegt ist diese Theorie jedoch nicht.
Jährlich 200 Kawasaki-Fälle in Deutschland
In Deutschland gebe es im Jahr mindestens 200 Kawasaki-Fälle, sagte der Kinder- und Jugendarzt Philipp Henneke vor einigen Tagen in einem Gespräch des Science Media Center. Als Auslöser kämen Infektionen verschiedenster Art in Frage. Es sei grundsätzlich ein bekanntes Phänomen von Infektionskrankheiten, dass sie teilweise ganz unterschiedlich verliefen. Die Bandbreite reiche von „asymptomatisch bis im Einzelfall schwerst symptomatisch“. Das sei etwas, womit Mediziner täglich umgehen müssten.
Im Moment gebe es noch mehr Kawasaki-Fälle, „die nicht Corona-assoziiert“ seien. Aber das könne sich auch ändern. „Wir brauchen einen etwas längeren Beobachtungszeitraum“, so Henneke.
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