Kommt jetzt die Legalisierung von Cannabis?

Bei den Sondierungen für eine mögliche Ampel-Koalition mag es vor allem bei Fragen der Finanzen – zwischen der FDP auf der einen und der SPD und den Grünen auf der anderen Seite – noch einige nicht unerhebliche Differenzen geben. Doch in einem Punkt sind sich alle einig: Sie wollen die Legalisierung von Cannabis vorantreiben. Aber es kommt Gegenwind von Suchtexperten und Polizeigewerkschaften. 

Den Stein ins Rollen brachte am gestrigen Mittwoch Karl Lauterbach. Der SPD-Gesundheitsexperte, der sich derzeit zum wiederholten Male Hoffnungen auf das Amt des Bundesgesundheitsministers macht, sprach sich im Interview mit der „Rheinischen Post“ dafür aus, eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu erlauben. Dabei betonte er, dass er jahrelang eine Legalisierung abgelehnt habe. „Mittlerweile komme ich als Arzt aber zu einem anderen Schluss“, so Lauterbach weiter. „Immer häufiger wird dem illegal verkauften Straßencannabis neuartiges Heroin beigemischt, das sich rauchen lässt. Damit werden Cannabis-Konsumenten schnell in eine Heroin-Abhängigkeit getrieben.“ Dieses Phänomen sei neu und verändere die Lage. „Ich bin deswegen dafür, dass wir in einem möglichen Koalitionsvertrag mit Grünen und FDP einen Passus zur legalen und kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene formulieren.“

FDP und Grüne wollen Abgabe in lizenzierten Geschäften

Damit rennt Lauterbach bei den potenziellen Koalitionspartnern offene Türen ein. So plädiert der FDP-Nachwuchs ebenfalls in der „Rheinischen Post“ für eine noch weitergehende Reform. „Statt den kleinsten gemeinsamen Nenner braucht es nun große Reformen, die weit über die Legalisierung von Cannabis hinausgehen“, äußerte der Chef der Jungen Liberalen, Jens Teutrine. „Die Prohibition, Kriminalisierung und Stigmatisierung von Cannabis ist gescheitert.“ Nur eine vollständige Legalisierung würde notwendige Qualitätsstandards und Jugendschutz sicherstellen. 

Nicht ganz so weit geht die „Mutterpartei“ FDP in ihrem Wahlprogramm: Dort fordert sie eine kontrollierte Freigabe von Cannabis; Besitz und Konsum sollen volljährigen Personen erlaubt werden, der Verkauf soll in lizenzierten Geschäften erfolgen. Ganz ähnlich sind die Vorstellungen der Grünen: Sie wollen laut ihrem Wahlprogramm „mit einem Cannabiskontrollgesetz auf der Grundlage eines strikten Jugend- und Verbraucherschutzes einen regulierten Verkauf von Cannabis in lizenzierten Fachgeschäften ermöglichen und klare Regelungen für die Teilnahme am Straßenverkehr einführen“. 

Lauterbachs eigene Partei ist dagegen zurückhaltender. Die SPD möchte die regulierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene erst in Modellprojekten von Ländern und Kommunen erproben, „begleitet durch Maßnahmen der Prävention, Beratung und Behandlung im Jugendbereich“, heißt es im Wahlprogramm. Zudem soll bundeseinheitlich geregelt werden, dass der Besitz kleiner Mengen von Cannabis strafrechtlich nicht mehr verfolgt wird. 

Kühnert: Erwachsene sollen Cannabis in Apotheken erwerben 

Doch der Ex-Jusovorsitzende und stellvertretende SPD-Vorsitzende Kevin Kühnert möchte gleich Nägel mit Köpfen machen. Im Podcast „In Your Face“ vom „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ sprach er sich für eine regulierte Legalisierung aus. Danach soll Cannabis in Apotheken ausschließlich an Erwachsene abgegeben werden. Damit verbindet er die Hoffnung, dass Minderjährige nicht mehr so leicht an Cannabis kommen. „Wenn alle berechtigten Erwachsenen zum Beispiel in Apotheken ihr Cannabis erwerben, hätte man den Schwarzmarkt für ganz große Teile der Bevölkerung zugemacht“, so Kühnert. Zudem würden unerwünschte Nebenwirkungen, die durch das Strecken von Stoff entstehen können, ausgeschlossen: „Denn in Apotheken wird ja nicht irgendwas verkloppt, was mein Kumpel Martin zu Hause auf dem Balkon gezüchtet hat.“

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