Kann Sexspielzeug für Paare das Liebesleben (neu) beflügeln?

Mittlerweile nutzen immer mehr Menschen Sextoys. Laut einer aktuellen Statistik sogar 60 Prozent der befragten Frauen und fast 50 Prozent der befragten Männer. Wie häufig Sexspielzeug jedoch das Liebesleben von Paaren bereichert, geht aus der Statistik nicht hervor. Vor allem in Langzeitbeziehungen gilt es oft als Wundermittel für ein eingeschlafenes Sexleben. Aber sind Paarvibratoren und Co. dafür wirklich die Lösung? Wie Sie Sextoys für sich nutzen können und was die größten Anfängerfehler sind, verrät Ann-Marlene Henning, renommierte Sexual- und Paarberaterin, dem stern in einem Interview.

„Für viele ist es im ersten Moment befremdlich“: (S)Expertentipps einer Sexual- und Paarberaterin

Sie zählt zu Deutschlands bekanntesten Sexualtherapeuten und ist eine Meisterin ihres Fachs – genauer gesagt ihrer Fächer (Sexologie und Paartherapie): Ann-Marlene Henning. Die Sexologin unterstützt Paare bei der Suche nach Lösungen für sexuelle Flauten, sexuelle Unlust oder auch sexuelle Wünsche. Um das vielleicht etwas eingeschlafene Liebesleben zu verbessern und den Spaß am Sex neu oder wieder zu entdecken. Ob Sexspielzeug für Paare dabei eine wichtige Rolle spielen sollte, beantwortet sie in dem folgenden Interview.

Frau Henning, wieso haben manche Paare Berührungsängste, wenn es um das Thema Sexspielzeug geht?
Für viele Paare ist das Thema negativ besetzt. Sexspielzeug kommt häufig ins Gespräch, wenn das Gefühl entsteht, das normale Sexleben würde nicht mehr klappen oder nicht mehr ausreichen. Die Motivation, warum es eingesetzt wird, spielt da eine große Rolle. Schaut ein Paar dagegen positiv, spielerisch und neugierig auf die Sache, sieht es gleich freundlicher aus: So kann Sexspielzeug eine gute Anregung für das eigene Sexleben sein. 

Welches Sexspielzeug würden Sie Paaren empfehlen, die bisher keine Erfahrungen damit haben?
Ich würde ein Sexspielzeug ohne Motor empfehlen. Und den Vorschlag machen, erst mit Ölen, Cremes und Federn etc. zu spielen. Erst wenn sich das Paar von der herkömmlichen Choreografie ihres Sexes etwas gelöst hat, können andere Dinge wortwörtlich mit ins Spiel kommen. Mein eigenes intim-erotisches Spiel habe ich für Paare entwickelt, die sich lange nicht mehr wirklich gespürt haben. Es beginnt mit kleinen, kurzen Gesprächen und führt zu kleinen, feinen Berührungen. Den Abschluss des Spiels entwickelt das Paar selbst – ob es zum Sex kommt oder nicht, ist ganz ihnen überlassen. Generell geht es mir immer erst um das Spüren von sich selbst und dem oder der anderen.

Würden Sie Paare dazu ermutigen, Sexspiele mit in ihr Liebesleben zu integrieren?
Sexualtherapeuten und -therapeutinnen versuchen kaum Paare dazu zu ermutigen, Sexspielzeug zu integrieren, da das Körpereigene erstmal wichtiger ist. Sexspielzeug kann kein eingeschlafenes Liebesleben aufwecken. Wenn ein gelangweiltes Paar die Lösung für ihre Sexflaute über Spielzeug sucht, wird es bei einem kurzen Aufflammen bleiben, und schon ist alles so langweilig wie vorher. Wichtig ist es, mehr Wissen zum eigenen Körper und auch dem des Partners oder der Partnerin aufzubauen. Das steht im Vordergrund.  Erst danach kann Spielzeug dazukommen. Gerade bei Älteren, beispielsweise bei Männern, die nach einer Prostataerkrankung keine hinreichende Erektion mehr hinbekommen, kann Spielzeug eine Aushilfe sein, um beispielsweise die eigene Frau doch noch mit Geschlechtsverkehr zu verwöhnen. Zum Beispiel mit einem Strap-On oder einem Dildo.

Was sind die typischen Anfängerfehler, die viele Paare machen, wenn es um Sexspielzeug geht?
Der typische Anfängerfehler ist davon auszugehen, dass alles wie von selbst sofort noch besser wird. Die Realität ist oft anders. Für viele ist es im ersten Moment befremdlich, mit Plastik- oder Silikonteilen im Bett rumzuhantieren. Motoren brummen, alles vibriert. Wie immer hilft da eine gute Portion Humor. Nach und nach gewöhnt man sich daran und kann sich entspannen, dann kann das Rumprobieren und "Spielen" beginnen. Ein anderer Fehler ist, dass beide Partner sich so sehr an das gewaltige Vibrieren und Brummen gewöhnen, dass danach nichts mehr ohne geht. Wie ich oft meine: Zunge, Finger oder Penis vibrieren nicht.

Studie: So viel Sex haben die Deutschen

Im September 2020 sorgte eine neue Studie zum Thema "Gesundheit und Sexualität in Deutschland" (GeSiD) für mediale Aufmerksamkeit. Sie wurde von dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und des Sozialforschungsinstituts Kantar durchgeführt. Daran beteiligt waren 4.955 Erwachsene (davon 2.336 Männer und 2.619 Frauen) zwischen 18 bis 75 Jahren. Dabei herausgekommen ist unter anderem, dass 42 Prozent der Befragten den Gebrauch von "Dildos oder Vibratoren" für eine ungewöhnliche Sexpraktik halten. Was die Aussagen von Ann-Marlene Henning über die Berührungsängste gegenüber Sextoys unterstützt. Und wie steht es um das Sexleben der Befragten? Auch das geht aus der Studie hervor: Rund ein Fünftel der Befragten gab an, das letzte Mal vor mehr als vier Wochen sexuell aktiv gewesen zu sein. In punkto Häufigkeit verrieten die Frauen und Männer zwischen 18 und 35 Jahren, durchschnittlich fünfmal pro Monat Sex zu haben. Bei den 36- bis 45-Jährigen waren es immerhin noch viermal pro Monat und bei den 46- bis 55-Jährigen 45 Mal auf das ganze Jahr gerechnet. Also im Schnitt ebenfalls viermal im Monat.

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