Die Apotheken-GmbH als neue Gesellschaftsform?

Muss das Apothekengesellschaftsrecht überdacht und fortentwickelt werden? Diese Frage stellen sich nicht nur potenzielle Zerstörer etablierter Strukturen. Auch große Apotheken, die mit hohem finanziellem Einsatz arbeiten, haben Interesse an neuen Rechtsformen, die mehr ihnen mehr Flexibilität bieten und weniger Haftungsrisiken bergen. Rechtsanwältin Constanze Püschel hat daher für den Bundesverband der Versorgungsapotheker (BVVA) die Idee einer Apotheken-GmbH ausgearbeitet. Was steckt dahinter? 

Bekanntlich dürfen Apotheken nur von eingetragenen Kaufleuten (e. K.) oder als Offene Handelsgesellschaft (OHG) betrieben werden. So ist die Rechtslage seit dem Jahr 1960. Alle Verantwortung liegt damit in einer Hand, beziehungsweise in den Händen der OHG-Gesellschafter. Dasselbe gilt für die Haftung: Apotheker:innen haften persönlich – auch mit ihrem privaten Vermögen. Die Rechtsprechung hat dazu das Leitbild des „Apothekers in seiner Apotheke“ eingeführt, das bis heute Bestand hat.

Aber ist es nach all den Jahrzehnten nicht Zeit, über neue Rechtsformen nachzudenken? Mit dieser Frage hat sich die Berliner Rechtsanwältin Constanze Püschel (D+B Rechtsanwälte) befasst. Püschel berät seit Jahren den Bundesverband der Versorgungsapotheker (BVVA), der sich um die Belange von Spezialversorgern kümmert, die oft durch Strukturen geprägt sind, die mit herkömmlichen Apotheken nicht zu vergleichen sind. Ob Krankenhaus- oder Heimversorgung, der Einsatz an Personal und Maschinen ist enorm. Die pharmazeutisch–medizinische Verantwortung hat ebenso zugenommen wie die wirtschaftliche und technische.

Chancen und Risiken in Dysbalance

Ist für sie das bestehende Gesellschaftsrecht noch zeitgemäß? Auch vor dem Hintergrund, dass es immer schwieriger wird, Nachfolger:innen zu finden und die „Generation Z“ neue Ansprüche an eine flexiblere Arbeitswelt mit überschaubaren Verantwortlichkeiten und Risiken stellt? Können die bestehenden Rechtsformen für die nachkommenden Apotheker und Apothekerinnen da noch attraktiv sein? Püschel ist überzeugt: „Das wollen viele nicht mehr.“ Die beruflichen Chancen und Risiken als Inhaber:innen würden von jungen Apotheker:innen vielmehr zunehmend in Dysbalance zueinander wahrgenommen.

Abseits disruptiver Ansätze

Püschel räumte ein, dass es schnell disruptiv wirke, wenn man über neue Rechtsformen für Apotheken sprechen will. Man denkt an Fremdbesitz und das Aufgeben von Verantwortlichkeiten. Vielen dürften die (letztlich vergeblichen) Versuche der niederländischen Kapitalgesellschaft DocMorris in den Sinn kommen, die sich in Deutschland als Apothekenbetreiberin aufbauen wollte. Doch aus Püschels Sicht sind neue Rechtsformen auch ganz anders denkbar – an den Grundpfeilern des Apothekenrechts müsse dabei gar nicht gerüttelt werden. Ihre Idee, die sie als Aufschlag für eine weitere Diskussion verstanden wissen will, ist die einer Apotheken-GmbH, die weder das Fremdbesitzverbot noch die Leitung in persönlicher Verantwortung aushebelt. Auch der beschränkte Mehrbesitz und das Regionalprinzip müssten nicht aufgegeben werden.

Gesellschafter dürfen nur Apotheker:innen sein

Schon heute sei es bei einer als OHG geführten Apotheke möglich, Verantwortlichkeiten zu verteilen, auch wenn grundsätzliche Entscheidungen gemeinsam zu treffen sind. Diese Form der persönlichen Leitung der Apotheke könnte man Püschel zufolge auch einer möglichen GmbH-Struktur beibehalten. Im GmbH-Recht sei es möglich, dass nur eine Person die Apotheke führt, es also nur einen einzigen Gesellschafter gibt. Die Struktur eigne sich damit sowohl für einzelne als auch für mehrere Apotheker:innen. Als Körperschaft wäre die GmbH überdies für den Betrieb eines Handelsgewerbes geeignet. Die Gesellschaft werde „Inhaberin“ der Apotheke und damit Leistungserbringerin, Vermieterin und Arbeitgeberin. Die Apotheker:innen, die ihre Gesellschafter sind, sollen aber weiter die Apothekenbetriebserlaubnis innehaben – denn nur Apothekerinnen und Apotheker dürfen in Püschels Modell Gesellschafter der GmbH sein.

Das große Plus dieser Gesellschaftsform: die Haftung für die Verbindlichkeiten der GmbH beschränkt sich auf das Gesellschaftsvermögen. Das bezieht sich auf alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft und solche, die im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der Erlaubnsinhaber stehen (beispielsweise Miete, aber auch Retaxationen). Eine Haftung mit dem Privatvermögen gibt es dann nicht mehr – ausgenommen Ansprüche, die also solche nichts mit der Apotheke zu tun haben (zum Bespiel Bürgschaften).

Püschel glaubt, dass man all diese Anforderungen durch nicht allzu große Klarstellungen im apothekerlichen Berufsrecht, speziell im Apothekengesetz, umsetzen könnte. Vor- und Nachteile gebe es letztlich bei jeder Gesellschaftsform. Die Hauptvorteile der GmbH liegen für Püschel im höheren Maß an Flexibilität und einem überschaubaren Haftungsregime. Und genau das könnte aus ihrer Sicht der Schlüssel sein, dass junge Menschen, die bereit sind für die Pharmazie, sich auch weiterhin in die Verantwortung wagen. Wer die öffentliche Apotheke bewahren wolle, sollte in die Diskussion einsteigen, so Püschel. Das sieht auch die neue BVVA-Vorsitzende Heike Gnekow so. Man darf gespannt sein, wohin die Diskussion geht.


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