Amazon im Apothekenmarkt? Unwahrscheinlich.

Mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung des Apothekenmarkts blicken die Apotheker in eine unsichere Zukunft: Unklar ist, inwiefern die Versandhändler mit dem E-Rezept ihren Marktanteil im Rx-Sektor ausbauen können. Und auch ein möglicher Einstieg Amazons in den Apothekenmarkt schwebt als Dauer-Bedrohung im Hintergrund mit. Andreas Riemann ist Analyst bei der Commerzbank und bewertet dort unter anderem die Aktien der großen EU-Versender Shop Apotheke und Zur Rose. Im Interview mit DAZ.online erklärt er, warum die derzeitigen Wachstumsraten der Shop Apotheke nicht von Dauer sein dürften und warum er einen Einstieg von Amazon in den deutschen Apothekenmarkt für unwahrscheinlich hält.

DAZ.online: Herr Riemann, Sie beschäftigen sich für die Commerzbank intensiv mit der Aktienanalyse von Konsum- und E-Commerce-Unternehmen. Somit sind Sie auch mit der Entwicklung des Apothekenmarkts befasst und schauen auf die Zahlen der Versandapotheken. Die niederländische Shop Apotheke hat für das erste Quartal 2020 ein Umsatzwachstum von 33 Prozent bekanntgegeben. In einem Beitrag der Nachrichtenagentur dpa bezweifeln Sie, dass solche Umsatzsprünge auch nach der Coronakrise anhalten. Wie begründen Sie diese Meinung?

Riemann: Ich glaube nicht, dass das Wachstum der Shop Apotheke übers ganze Jahr hinweg jenseits der 30 Prozent liegen wird. Wir haben aufgrund der Coronakrise und der damit verbundenen Käufe im Bereich der Desinfektionsmittel und auch OTC-Schmerzmittel einen recht heftigen Ausschlag im 1. Quartal. Für das Gesamtjahr sehe ich die Shop Apotheke aber eher bei einem Wachstum zwischen 20 und 25 Prozent. Übrigens geht auch die Shop Apotheke selbst weiterhin davon aus, dass das Gesamtjahr 2020 in diesem Bereich abgeschnitten wird.

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DAZ.online: Die großen Versandkonzerne hoffen ja, dass viele der während der Krise neu hinzu gekommenen Online-Kunden auch nach der Corona-Zeit weiter im Versandhandel bestellen. Meinen Sie, dass dieser „Klebeeffekt“ eintritt?

Riemann: Wir leben ja ohnehin in einem Zeitalter des Online-Booms. Es kann sein, dass einige Kunden wieder zurück in den Vor-Ort-Handel wechseln. Insgesamt sehe ich für die kommenden Monate aber trotzdem – und zunächst im OTC-Bereich – ein weiteres Wachstum des Versandhandels.

DAZ.online: Die größten Hoffnungen verbinden die Versender mit dem E-Rezept. Hier, also im Rx-Bereich, wird ein Marktanteil von 10 Prozent angestrebt. Wie realistisch finden Sie dieses Ziel?

Riemann: Da kann sich schon eine Menge bewegen im Rx-Markt. Aus meiner Sicht ist hier die von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn geplante E-Rezept-Pflicht ab 2022 ein sehr wichtiger Punkt für die Versender. Chronisch kranke Menschen, die oft auf Folge- bzw. Dauerrezepte angewiesen sind, könnten davon profitieren.

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