Sind Aluminiumdeos schuld? Oder die Handystrahlen?

Krebskranke suchen oft verzweifelt nach einer Erklärung dafür, warum gerade sie die Krankheit getroffen hat. Wer sich vor Krebs ängstigt, meidet Dinge, die ihn vermeintlich auslösen. Doch offenbar fällt es vielen schwer, tatsächliche Risiken – Rauchen etwa, Sonnenbrände, Übergewicht, übermäßig viel Alkohol oder zu wenig Bewegung – von vermeintlichen zu trennen. So zeigte eine Umfrage britischer Forscher im Jahr 2016, dass ein Großteil der Befragten Krebsmythen als solche nicht erkennt. Sieben populäre Ansichten im Faktencheck.

1. Erhöhen Süßstoffe das Krebsrisiko?

In der EU sind momentan elf Süßstoffe zugelassen. Sie werden immer wieder in Zusammenhang mit einer krebsfördernden Wirkung gebracht. Bei dem längst zugelassenen Aspartam nährten etwa Tierstudien den Verdacht, der Stoff könne das Krebsrisiko erhöhen. So verabreichten italienische Forscher Mäusen über eine lange Zeit hinweg hohe Dosen von Aspartam. Die Tiere entwickelten daraufhin Tumoren. Die Forscher vermuteten, dass der Stoff auch eine Gefahr für Menschen sein könnte.

Die europäische Lebensmittelbehörde Efsa bewertete Aspartam 2013 neu und sichtete alle relevanten Tier- und Humanstudien. Sie stufte den Stoff, in der momentan zugelassenen Höchstdosis, als unbedenklich ein und kritisierte die Mäusestudie als methodisch mangelhaft. Im Darm wird Aspartam vollständig zu den Aminosäuren Phenylalanin und Asparaginsäure sowie Methanol abgebaut. Methanol kann in hohen Dosen Krebs fördern. Die Menge, die beim Abbau von Aspartam entsteht, ist dafür jedoch zu gering, so die Efsa. Es ist sogar weniger, als in anderen Lebensmitteln natürlich vorkommt, wie etwa in Früchten.

Auch Steviolglycoside, die Süßstoffe der Stevia-Pflanze, wurden vor ihrer Zulassung 2011 auf ein Krebsrisiko geprüft. Hier besteht nach aktueller Datenlage ebenfalls kein Risiko. „Zugelassene Zusatzstoffe verursachen nach derzeitigem Kenntnisstand weder Krebs, noch schädigen sie in einer anderen Art und Weise die Gesundheit, solange sie nur in den vorgesehenen Mengen verwendet werden“, schreibt der Krebsinformationsdienst. Auch das in Deutschland zuständige Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) betont, dass die vermuteten Zusammenhänge nach mehrfacher Prüfung „nicht bestätigt werden“ konnten.

2. Lassen unterdrückte Gefühle oder Stress Tumoren entstehen?

Einer Umfrage des Deutschen Krebsforschungszentrums aus 2017 zufolge sind 61 Prozent der 2000 befragten Männer und Frauen überzeugt: Seelische Probleme und Stress verursachen Krebs – und das, obwohl es für diese These wissenschaftlich keinerlei Belege gibt. Das Krebsrisiko erhöht Stress höchstens indirekt: Indem er dazu führt, dass Menschen mehr Alkohol trinken, rauchen oder sich ungesund ernähren.

Auch der Glaube, dass eine kämpferische Einstellung hilft, den Krebs zu besiegen, ist noch weit verbreitet. Dabei gilt auch hier: Eindeutig nachgewiesen ist das nicht. Eine positive Einstellung kann zwar psychisch helfen, indem sie Hoffnung spendet. Für Krebspatienten kann es aber sehr entlastend sein, auch Trauer, Wut und Angst Raum zu geben. Eine flexible Haltung hilft oft besser dabei, die Krankheit zu bewältigen.

Immerhin: Nur noch wenige Befragte glauben, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale die Krebsentstehung begünstigen. Die Idee einer „Krebspersönlichkeit“ gilt als überholt. Menschen, die zu Melancholie neigen, angepasst leben oder Gefühle unterdrücken, erkranken nicht häufiger an Krebs.



3. Verursachen Stöße Brustkrebs?

Eine Frau stößt oder quetscht sich die Brust. Kurz darauf wird Brustkrebs festgestellt. Hat der Unfall diesen ausgelöst? Fragen wie diese finden sich zahlreich in Internetforen. Was im Rückblick als Erklärung herangezogen wird, taugt dafür jedoch nicht. „Konzepte, nach denen zum Beispiel eine ‚Drüsenquetschung‘ Krebs fördere, stammen aus der Homöopathie und der Naturheilkunde“, heißt es auf der Seite des Krebsinformationsdienstes. „Sie gehen mehrheitlich auf vergangene Jahrhunderte zurück, als das heutige Wissen über die Krebsentstehung noch nicht zur Verfügung stand.“ Belege dafür, dass Stöße, Schläge, Blutergüsse, Quetschungen oder andere Traumata Krebs fördern, gibt es demnach nicht.

4. Verursachen Deos mit Aluminium Brustkrebs?

Aluminium steckt in Deos, Lebens- und Arzneimitteln, Verpackungen oder Geschirr und kann von dort in den Körper gelangen. Es ist bewiesen, dass hohe Dosen beim Menschen Gift für das Nervensystem sein können. Im Tierversuch sind zudem schädliche Wirkungen auf den Embryo belegt, schreibt das BfR.

Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa hat daher eine tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge für Aluminium aus der Nahrung festgelegt. Sie liegt bei einem Milligramm Aluminium je Kilogramm Körpergewicht pro Woche. Das BfR geht davon aus, dass diese Menge bei einem Teil der Verbraucher schon alleine durch Lebensmittel ausgeschöpft ist. Wer zusätzlich Deos mit Aluminium nutzt, könnte diese auf Dauer überschreiten, sodass sich Aluminium im Körper anreichere. Das BfR rät daher aus Vorsicht, Deos mit Aluminium nicht direkt nach der Rasur oder auf geschädigte Haut aufzutragen. Oder gleich auf aluminiumfreie Deos umzusteigen.

Allerdings: Dass Deos mit Aluminium Brustkrebs verursachen, ist nicht bewiesen. In Studien wurden zwar im Gewebe von erkrankten Frauen erhöhte Aluminiumwerte beobachtet. Doch andere Untersuchungen konnten das nicht bestätigen. Die Daten dazu seien nicht konsistent, heißt es in einer aktuellen Übersichtsarbeit im „Deutschen Ärzteblatt“ . Die Mehrzahl der Studien finde keinen Zusammenhang. Zudem ist nicht klar, ob sich Aluminium – wie andere Mineralstoffe – vermehrt infolge einer Krebserkrankung im Tumorgewebe anreichert und damit die erhöhten Werte eher Begleiterscheinung einer Krebserkrankung wären und nicht der Auslöser.

5. Hilft Methadon gegen Krebs?

Von einer „Wunderwaffe“ war 2017 die Rede, Berichte in diversen Medien ließen Erkrankte hoffen: Sterben Tumorzellen durch die Beigabe von Methadon zu Krebsmitteln besser ab? Eine Forscherin hatte das im Labor beobachtet. Einzelne Patienten berichteten zudem von Erfolgen.

Doch klinische Studien dazu fehlen, die Wirkung ist nicht ausreichend belegt, über Wechsel- und Nebenwirkungen viel zu wenig bekannt. Zudem hätten in den Zellkulturen und Tierstudien nur solche Dosen eine Wirkung gezeigt, die umgerechnet auf den Menschen toxisch sein dürften, schreibt das „Science Media Center“ .

Methadon ist bei Krebs nur zur Schmerzbehandlung zugelassen, nicht zur Therapie. Fachgesellschaften raten davon ab, es unkontrolliert einzusetzen, da nicht sicher ist, ob der Nutzen überhaupt vorhanden ist und ob er die Risiken überwiegt. „Auf der Basis der bisher vorliegenden Daten ist ein Einsatz von Methadon als Krebsmedikament außerhalb von klinischen Studien nicht gerechtfertigt“, schreibt die Deutsche Krebshilfe .

6. Verursacht Handystrahlung Tumoren?

Auch bei dem Thema gibt es nur Beobachtungsstudien. Dass das Telefonieren mit dem Handy Krebs verursacht, lässt sich daher nicht belegen. Laborversuche ergaben „keine aussagekräftigen Hinweise auf Zellschädigung“, schreibt der Krebsinformationsdienst. Biologische Mechanismen, wie Telefonieren oder Sendemasten Krebszellen entstehen lassen könnten, seien nicht bekannt. Und die Studienlage ist selbst bei den Beobachtungsstudien nicht einheitlich. Die Mehrzahl habe kein erhöhtes Risiko für Krebsarten wie Leukämie, Hirn- oder Hodentumoren oder andere Krebsarten in der Kopf-Hals-Gegend gezeigt.

In einer Studie ließ sich allerdings beobachten, dass Menschen, die sehr viel und schon lange mit dem Handy telefonierten, ein erhöhtes Risiko für eine bestimmte – seltene – Art von Hirntumoren hatten. Doch diese Daten sind umstritten, einige Experten gehen davon aus, dass sie statistischer Zufall sind. Die WHO stufte Mobiltelefone 2011 dennoch als „möglicherweise krebserregend“ ein – eine vorsichtige Einschätzung, die ein Restrisiko nicht ausschließt, auch wenn die Mehrzahl der Daten bislang in eine andere Richtung zeigt. Um vorzubeugen, rät das Bundesamt für Strahlenschutz etwa dazu, möglichst kurz mit dem Handy zu telefonieren oder Headsets zu nutzen.

7. Verteilt Sport oder eine Massage Metastasen im Körper?

Sollten Krebspatienten sich nicht besser schonen? Könnten sich Tumorzellen gar durch Massagen oder Sport lösen und im Körper zu verteilen? Das ist nicht der Fall: Eine Massage entspannt und Bewegung ist vor, während und nach der Therapie segensreich. Allerdings sollte sie an die eigenen Möglichkeiten und Ziele angepasst sein, was Betroffene am besten mit dem Arzt besprechen. Wer nicht allein trainieren will, kann sich zum Beispiel einer Krebssportgruppe anschließen.

Quelle: Den ganzen Artikel lesen